Ott-Prozess: Ex-BVT-Beamter schimpft über BVT und Soko Tape

Ott und Jenewein beim Prozessauftakt Anfang November © APA/EVA MANHART

Der Prozess gegen den ehemaligen Chefinspektor im aufgelösten Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) Egisto Ott, und den Ex-FPÖ-Politiker Hans Jörg Jenewein ist am Mittwoch mit mehreren Zeugenbefragungen fortgesetzt worden. Angeklagt ist der Vorwurf der Verletzung des Amtsgeheimnisses und damit nur ein Aspekt der Vorwürfe, denen Ott ausgesetzt ist. Jenewein selbst war aus gesundheitlichen Gründen nicht anwesend.

Er habe sich am Montag einer Operation unterziehen müssen, begründete sein Anwalt Jeneweins fernbleiben. Die Staatsanwaltschaft wirft Ott vor, im Auftrag Jeneweins einen Beamten angehalten zu haben, Informationen zu Teilnehmern eines Treffens europäischer Nachrichtendienste zu beschaffen. Auch auf die Zusammensetzung der „Soko Tape“, die nach dem Ibiza-Video zur Klärung strafrechtlicher Vorwürfe eingerichtet wurde, soll Jenewein Ott angesetzt haben. Der Ex-Politiker soll weiters verbotenerweise Fotos in einem U-Ausschuss aufgenommen und diese an Ott gesendet haben. Bei einer Hausdurchsuchung bei Jenewein wurde außerdem ein Schlagring sichergestellt, weshalb sich der Ex-Politiker auch nach dem Waffengesetz verantworten muss.

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Soko Tape Zentrum der ersten Befragung

Im Mittelpunkt des heutigen Prozesstages stand die „Soko Tape“. Geladen war daher deren ehemaliger Leiter und derzeitige Direktor des Bundeskriminalamts, Andreas Holzer. Er habe den Auftrag bekommen, eine Sonderkommission zur polizeilichen Abhandlung des „Ibiza-Videos“ zu erstellen. Der entsprechende Erlass wurde am 27.5. – zehn Tage nach Erscheinung des Videos – unterzeichnet.

Die rund 10 Mitglieder, darunter Beamte des BVT, des Landeskriminalamts Wien und „mir bekannte gute Ermittler“ seien von ihm und einem Kollegen „zielgerichtet“ gefragt und ausgewählt worden. Diese Liste sei als streng geheim klassifiziert, betonte Holzer. „Wir haben auch darauf geachtet, dass die Mitglieder geheim bleiben.“

Zeuge schimpft gegen BVT

Als zweiter Zeuge geladen war ein derzeit suspendierter ehemaliger BVT-Beamter – gegen den selbst Verfahren laufen – bei dem sich Ott nach den Namen der Soko-Tape Mitglieder erkundigte. „Brauche Namen“, verlies der Richter eine Chatnachricht von Ott an den Zeugen. Fünf der rund zehn Mitglieder kannte Ott zum damaligen Zeitpunkt bereits. Als dieser ihm die restlichen nicht gleich geben konnte – „mein Kontakt meldet sich“ – urgierte Ott weiter: „Brauche dringend Namen“.

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Wer seine Kontakte seien, wollte der Zeuge in Bezug auf den Quellenschutz nicht sagen. Die Quellen kämen aber nicht aus der Kollegenschaft, mit denen spreche er darüber „sowieso“ nicht. An diesen lies er auch kaum ein gutes Haar: „Wissen sie, was wir für Qualifikationen gehabt haben bei Kollegen im BVT? Dann wissen sie auch warum ich mit denen nicht gesprochen habe.“ Darüber, dass er keine dienstlichen Quellen nutzen würde, habe er mit Ott auch gesprochen. Auch politischen Einfluss im BVT bemängelte der Zeuge: „Wenn ich heute eine KV-, ÖAAB- oder FCG-Mitgliedschaft brauche, und für eine Führungsposition am besten noch Chorsingen im Stift Göttweig, dann wollen sie mir sagen, dass ich mit denen rede?“

Auch die Soko Tape, eine „Wahnsinnspartie“, kam in den Ausführungen des Zeugen nicht gut weg. „Das sind nicht unbedingt die hellsten Kerzen die da hingegangen sind.“ In seinen weiteren Ausführungen unterstrich er im Wesentlichen jene des Angeklagten, so seien die Namen „in Foren, zum Beispiel auf Gaming-Plattformen“ diskutiert worden. Ott argumentierte zum Prozessauftakt im November, es gäbe auch „gewisse Lokale“ wo darüber gesprochen worden sei. Weshalb er sich denn überhaupt mit Ott darüber ausgetauscht habe, obwohl er mit der Sache dienstlich nicht befasst gewesen sei, wollte der Richter wissen. „Des mochn Kiwara so.“

„Gehen Sie zum Elmayer“

Für Verwirrung sorgte bei den zahlreich erschienen Medienvertretern vor Prozessbeginn eine am Verhandlungssaal schriftlich angekündigte räumliche Verschiebung. Grund dafür war ein Fehler im Schloss des Verhandlungssaales, weshalb die Tür nur von innen geöffnet werden konnte. Der Prozess wurde schließlich wie geplant im kürzlich renovierten Saal 401 des Wiener Landesgerichts abgehalten, als „Türsteherin“ fungierte eine Gerichtspraktikantin. Wenig angetan von den Journalisten und Journalistinnen zeigte sich der Angeklagte. Diesen empfahl Ott „zum Elmayer“ (Tanzschule und Benimmkurs, Anm.) zu gehen: „Zuerst grüßt man, dann stellt man Fragen.“ Beantworten wollte er Fragen dann aber nicht.

Nicht Teil dieser Hauptverhandlung sind mehrere Spionage-Anschuldigungen, denen sich Ott ausgesetzt sieht. Gegen ihn wird von der Staatsanwaltschaft Wien seit 2017 wegen Amtsmissbrauchs, geheimen Nachrichtendiensts zum Nachteil Österreichs und weiterer Delikte ermittelt. Der Prozess startete Anfang November, musste zwischenzeitlich jedoch unterbrochen werden, da Jeneweins Verteidiger die Frage nach der parlamentarischen Immunität seines Mandaten als ungeklärt erachtete. Mittlerweile ist klar, dass Jenewein davon nicht geschützt ist. Der Prozess wurde auf unbestimmte Zeit verschoben, vermutlich dürfte er im Februar mit weiteren Zeugenbefragungen fortgesetzt werden.