Ruinieren Pensionen die Staatsfinanzen?

Pühringer: Tatsächliche Staatszuschüsse betragen nicht 25, sondern lediglich 10 Mrd. Euro

Immer wieder heißt es in Diskussionen über die Pensionszuschüsse, dass diese auf Dauer den Staat finanziell ruinieren würden.

Für den Landesobmann des OÖ Seniorenbundes, LH a. D. Josef Pühringer, ist es vor allem für notwendig, dass die Menschen nicht vorzeitig in Pension gehen und auch private und betriebliche Vorsorge verbessert wird.

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VOLKSBLATT: Ruinieren die Pensionen die Staatsfinanzen?

PÜHRINGER: Diese Vorwürfe kennen wir seit vielen, vielen Jahren. Natürlich steigt erfreulicherweise in Österreich die Lebenserwartung und damit auch die Jahre, in denen die Pensionen finanziert werden müssen. Aber dafür müssen sich die österreichischen Seniorinnen und Senioren nicht rechtfertigen. Sie haben in das System eingezahlt und die Zuschüsse des Staates waren seit der Schaffung des ASVG vorgesehen.

Die staatlichen Zuschüsse ins Pensionssystem steigen aber gewaltig. 25 Milliarden betragen sie derzeit.

Diese Zahl beinhaltet zum einen rund 10 Milliarden Euro Beamtenpensionen, dafür, dass der Staat keine Arbeitgeberbeiträge während der Aktivzeit einzahlt, kann man nicht die Pensionisten verantwortlich machen. Es ist eine Personalleistung, die jedes Unternehmen zu zahlen hat. Außerdem sind Maßnahmen der Armutsbekämpfung, die ins Sozialbudget gehören, wie Ausgleichszulage, Rehaleistungen, etc. enthalten; diese haben nichts mit der Pension zu tun. Die tatsächliche Leistung des Staates für das Funktionieren des Pensionssystems beträgt rund 10 Milliarden Euro und nicht 25.

Alle Studien weisen darauf hin, dass die staatliche Säule des Pensionssystems längerfristig ins Wanken geraten wird.

Ich bin der Letzte der sagt, es darf sich nichts ändern! Aber es ist jedenfalls ungerechtfertigt, wie das derzeit dargestellt wird. Österreich hat natürlich die private und die betriebliche Säule nicht forciert. Das war sicherlich ein Fehler. Das gehört geändert.

Also doch nicht nur Panik, sondern auch Änderungsbedarf?

Ziel muss es derzeit sein, dass immer mehr Menschen erst mit dem gesetzlichen Pensionsantrittsalter wirklich in Pension gehen. Männer gehen in Österreich aktuell mit 62, Frauen mit 60 Jahren in Pension. Da hat sich seit 1970 nichts geändert. Wir müssen uns dem gesetzlichen Antrittsalter tatsächlich nähern. Dieser Umstand, dass viele zu früh in Pension gehen, kostet dem Staat viele Milliarden jährlich.

Was tun?

Wir müssen arbeiten in der Pension attraktiver machen, da ist ein erster Schritt jetzt passiert, aber eben nur ein erster Schritt. Ich könnte mir auch ein System vorstellen, wie es derzeit in Schweden praktiziert wird, dass jeder innerhalb eines bestimmten Rahmens selbst bestimmt, wann er in Pension geht. Wer früher geht, bekommt weniger, wer länger arbeitet, bekommt spürbar mehr Pension. Das derzeit praktizierte System der Abschläge und der Boni muss ausgebaut werden. Es ist noch nicht übertrieben attraktiv, länger zu arbeiten.

Werden nicht viele auch in die Pension hineinmotiviert, ältere Arbeitnehmer sind naturgemäß teurer als junge.

Das stimmt. Aber die Situation wird besser. In vielen Betrieben wird erkannt, dass mit der Pensionierung älterer Mitarbeiter auch viel Know-how und Erfahrung pensioniert wird. Ältere Mitarbeiter kosten nicht nur mehr, sie bringen oft auch für den Betrieb auch mehr.

Was ist für Sie noch reparaturbedürftig am österreichischen Pensionssystem?

Wir haben ein sehr gutes! Das möchte ich vorweg betonen! Aber wir brauchen noch mehr Wertschätzung der älteren Arbeitskräfte, bessere Berücksichtigung der Leistungen der Frauen bei der Kindererziehung und in der Pflege.

Wann kommt das automatische Pensionssplitting?

Unsere Präsidentin im Österreichischen Seniorenbund, Ingrid Korosec, setzt sich dafür vehement ein. Es wäre jederzeit möglich und machbar, aber es gibt Widerstände der Grünen in der Koalition, was für mich unverständlich ist.

Die Senioren werden uns auch in Zukunft sehr viel kosten.

Sie werden uns in Zukunft auch sehr viel bringen! Ohne die Senioren ist kein Staat zu machen. Denken Sie an die Leistungen der Großeltern bei der Kinderbetreuung, an die Ehrenamtlichen in den Vereinen, die zum großen Teil Senioren sind, an die Nachbarschaftshilfe, oder an den Pflegebereich, wo mehr als 2/3 der Pflegeleistung zuhause von den Senioren erbracht wird.

Die Senioren kosten also nicht nur, sie sind ein besonderer Schatz unserer Gesellschaft, die für den Zusammenhalt viel leisten! Seniorenbeschimpfung ist nicht gerechtfertigt! Die Senioren ruinieren nicht den Staatshaushalt — sie leisten für das Funktionieren der Gemeinschaft sehr viel!

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