Nehammer freut sich über konstruktiven Dialog bei Sondierung

Das Kanzlerteam am Weg ins Palais Epstein © APA/HELMUT FOHRINGER

Die Sondierungsgespräche zur Bildung einer neuen Bundesregierung sind am Dienstagvormittag fortgesetzt worden. ÖVP-Obmann Karl Nehammer nannte die fünfstündige Aussprache bei einer Pressekonferenz im Anschluss „konstruktiv“. SPÖ-Chef Andreas Babler sah „einen Sinn in weiteren Gesprächen“. Ob es in weiterer Folge zu Regierungsverhandlungen kommen wird, ließen beide offen.

Bereits eingesetzt wurde eine Expertengruppe zum Budget, die bis Ende der Woche ein Zahlenwerk vorlegen wird, aus dem die weiteren Maßnahmen abgeleitet werden sollen. Dazu soll die technische Gruppe zur Organisation der Gespräche permanent tagen. Babler sprach von einem „sehr großen Tempo“. Wann bzw. ob man einen dritten Partner schon in die Sondierungen einbezieht, beantworteten weder SPÖ- noch ÖVP-Chef.

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Man sei erst am Beginn der intensiven inhaltlichen Verhandlungen. Zwischenstände wollte der Kanzler folgerichtig keine kundtun. Entscheidend sei, wie man trotz unterschiedlicher Positionen die besten Lösungen für die Menschen finden könne. Dabei sei man in einem guten demokratischen Prozess. Auch Babler strich heraus, dass die Positionen der beiden Parteien natürlich verschieden seien. Dass er die SPÖ-Steuerpläne bereits aufgegeben habe, wollte er nicht bestätigen, verwies aber auf die Vertraulichkeit der Gespräche.

Als für ihn wichtigste Themen schilderte Nehammer die Standortpolitik, Migration und Integration, Gesundheit und Pflege sowie dass diejenigen, die arbeiten, auch etwas davon haben sollen. Auch wolle er die Positiv-Erzählung ausbauen – dass man in Österreich auch schwierige Situationen stärker überwinden könne, „als uns zugetraut wird“.

Babler will den Wunsch der Wähler nach Veränderung und der Lösung von zentralen Herausforderungen erfüllen. Dabei wolle man in allen Bereichen „große Lösungen“ und nicht „Minimalkompromisse“ anbieten. Ergänzend zu den von Nehammer vorgebrachten Themen nannte er Klima und Maßnahmen gegen die Teuerung als zentrale Inhalte.

Nicht gerade erleichtert wird die Arbeit durch die Budgetentwicklung. Der Fiskalrat prognostiziert aktuell ja schon ein Defizit von 3,9 Prozent des BIP. Babler meinte am Dienstag darauf angesprochen, dass seine Partei schon lange vor der entsprechenden Entwicklung gewarnt habe: „Es ist keine leichte Situation.“ Daher sei dieses Thema heute auch im Zentrum der Gespräche gestanden. Nehammer wollte sich dazu nicht im Detail äußern.

Die Beratungen heute und morgen sollten schon die Richtung weisen, ob die Sondierungen allenfalls in echte Regierungsverhandlungen münden. Da Schwarz und Rot gemeinsam nur ein Mandat Überhang haben, gilt es als sehr wahrscheinlich, dass ein dritter Partner in eine Koalition einbezogen wird. Die NEOS sind hier in der Poleposition. Babler traf deren Obfrau Beate Meinl-Reisinger schon am Montag zu einem Gespräch. Eine Unterredung mit Grünen-Bundessprecher Werner Kogler soll allerdings in dieser Woche noch folgen.

Auch ÖVP-Chef Nehammer wird vermutlich mit beiden noch einmal zusammentreffen. Eine erste Unterredung gab es jeweils schon vor den Herbstferien. Dem Vernehmen nach dürfte der dritte potenzielle Partner auch bereits in die Sondierungen einbezogen werden, bevor klar ist, ob man Regierungsgespräche aufnimmt.

Gegen eine „starre Dreierkoalition“ sprach sich indes der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) aus. Zunächst sollten sich ÖVP und SPÖ auf ein Grundprogramm einigen und dann in Gespräche mit Dritten gehen, sagte er in einem Interview mit dem „Falter“. Für Reformprojekte könnten im Parlament auch Mehrheiten bei anderen Parteien – auch der FPÖ – gesucht werden. Kaiser plädierte zudem für ein Koalitionsabkommen ohne „klassische Paktierungen“. Formuliert werden sollten gemeinsame Ziele, aber der Weg dorthin flexibel gehalten und „keine Conditio-sine-qua-non-Formulierungen“ ins Koalitionsprogramm geschrieben werden.

Nichts geändert hat sich fürs erste an den Verhandlungsteams. Als unsicher galt am Wochenende, ob Kanzleramtsministerin Karoline Edtstadler in der sechsköpfigen Gruppe der ÖVP bleibt, nachdem sie kund getan hatte, der nächsten Regierung nicht mehr anzugehören. Am Dienstag meinte sie dazu, sie habe Nehammer angeboten, weiter dabei zu sein. Das sei für sie eine „Selbstverständlichkeit“. Zur Stimmung sagte sie: „Alles bestens.“

Beide Parteien sind jedenfalls bemüht, die ganze Angelegenheit nicht als bereits fixiert aussehen zu lassen. Es gab auch heute kein gemeinsames Foto vor Beginn der Sondierung. Im Anschluss gab es zwar Statements diesmal direkt am Tagungsort, jedoch getrennt.

Begleitet wurde die Sondierung von Wünschen von außen. FPÖ und NEOS wollen in die Budgetwahrheit eingebunden werden, die „Aktion Leben“ fordert einen Ausbau der Schwangeren-Beratung, die Menschenrechtsorganisation Südwind ersucht um eine menschenrechtskonforme Migrationspolitik und die Armutskonferenz schlägt die Einführung einer Gesundheitsverträglichkeitsprüfung vor.