Im Zusammenhang mit dem mutmaßlich vereitelten Terror-Anschlag auf ein am 9. August geplantes Konzert von Taylor Swift im Wiener Ernst-Happel-Stadion liegt nun ein ausführlicher Untersuchungsbericht des Bundeskriminalamts zu den beim Hauptverdächtigen sichergestellten Chemikalien und der Frage vor, ob die Reagenzien zur Herstellung von Sprengmitteln geeignet waren. Werner Tomanek, der Verteidiger des mutmaßlichen IS-Anhängers, sieht seinen Mandanten dadurch entlastet.
Aus dem 26 Seiten umfassenden Bericht ergibt sich, dass der 19-Jährige aus Ternitz (Bezirk Wiener Neustadt) zu Hause aus Alltagschemikalien – schwefeliger Säure mit einer Konzentration von 4,1 bis 4,5 Prozent, einem acetonhaltigen Nagellackentferner und zwölfprozentigem Wasserstoffperoxyd – grundsätzlich explosives Triacetontriperoxid (TATP) hergestellt hatte. „Die Mengen waren aber gering, scheinen jedoch ausreichend zur Herstellung einer Sprengkapsel“, wird in dem Bericht festgehalten. Auf eine exakte Menge legt sich das Bundeskriminalamt nicht fest: „Die hergestellten und herstellbaren Mengen können auf Grund der ungewöhnlichen Mixtur und der Tatsache, dass es beim Mischen bereits zu Vorreaktionen kommt, nicht abgeschätzt werden.“
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Der Rechtsvertreter des 19-Jährigen, Werner Tomanek, sieht durch diese Feststellungen das Ergebnis eines von ihm eingeholten Privatgutachtens bestätigt. Ein renommierter Sachverständiger für Waffen, Munition und Sprengmittel war in seiner Expertise zum Schluss, gekommen, dass sich einer beschlagnahmten Flasche eine TATP-haltige Lösung mit maximal vier Gramm TATP befunden hatte. Im Einsatzbericht zur Hausdurchsuchung war die Menge noch mit 45 Gramm angegeben worden. Mit dem nun vorgelegten Untersuchungsbericht sei klargestellt, „dass der so genannte Sprengstoff maximal die Wirkung eines Tischfeuerwerks gehabt hätte“, meinte Tomanek am Dienstagnachmittag im Gespräch mit der APA. Ein für einen Terror-Anschlag taugliches Sprengmittel habe der 19-Jährige somit „sicher nicht“ besessen.
Die Expertinnen und Experten vom Bundeskriminalamt haben auch zahlreiche Gegenstände am Wohnsitz des 19-Jährigen auf mögliche Rückstände von Sprengmitteln untersucht. Weder auf Handschuhen und Türschnallen noch auf Mistkübeln und einer schwarzen Umhängetasche ließen sich entsprechende Spuren nachweisen.
Der 19-Jährige steht im Verdacht, im Namen der radikalislamistischen Terror-Miliz „Islamischer Staat“ (IS) einen Selbstmordanschlag auf das zweite von insgesamt drei in Wien vorgesehenen Taylor Swift-Konzerten im Sinn gehabt zu haben. Die Strafverfolgungsbehörden gehen davon aus, dass er möglichst viele vor dem Stadion versammelte „Swifties“, wie die Fans der Pop-Ikone genannt werden, entweder mit einem selbst gebastelten Sprengsatz oder in seinem Besitz befindlichen Hieb- und Stichwaffen töten wollte. Bei einer Hausdurchsuchung des am 7. August festgenommenen 19-Jährigen wurden neben in jedem Baumarkt erhältlichen Chemikalien und der TATP-haltigen Flüssigkeit mehrere elektronische Zündvorrichtungen, ein Zwölf-Kanal-Sender, eine Zündkapsel, ein 60 Zentimeter langes Metallrohr, ein 30 Zentimeter langes Kampfmesser, eine 46 Zentimeter lange Machete und ein Butterfly-Messer sichergestellt. Seither wird von der Staatsanwaltschaft Wien gegen den 19-Jährigen wegen terroristischer Vereinigung, krimineller Organisation und Vergehen gegen das Waffengesetz ermittelt. Ein 17-Jähriger, der sich ebenfalls in U-Haft befindet, gilt als möglicher Komplize.
Fest steht, dass sich der 19-Jährige im Vorfeld Pläne für den Bau einer Bombe besorgt und im Internet einen Treueschwur auf den IS geleistet hatte. Am 29. Juli versuchte er außerdem, sich über den Messengerdienst Telegram aus den USA eine Handgranate, eine Zastava M70, die auf der Technik des Kalaschnikow-Sturmgewehrs AK-47 beruht, und eine Pistole zu bestellen, scheiterte aber mit diesem Unterfangen. Gesichert ist zudem, dass sich der 19-Jährige in einem Kalendereintrag auf seinem Handy den 9. August – den Termin des zweiten Taylor Swift-Konzertes – markiert und wiederholt nach den Wien-Konzerten der Pop-Sängerin gegoogelt hatte.