Meinung

von Roland Korntner

Darum ist Spanien leichter Favorit, aber auch England chancenreich

Kommentar zur Ausgangsposition vor dem Fußball-EM-Finale

Stellt Spanien am Sonntag den alleinigen Rekord von vier EM-Titeln auf oder holt sich England die erste europäische Krone überhaupt und beendet damit auch die Wartezeit von 58 Jahren (seit dem WM-Titel 1966)? Diese Frage wird am Sonntag ab 21 Uhr beantwortet!

Es ist ein Duell, das viel Spannung verspricht. Es ist ein Duell, das (den richtigen Spielverlauf vorausgesetzt) sogar zum Spektakel werden kann. Und es ist ein Duell, in das die Iberer als leichter Favorit gehen.

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Das sehen auch die Wettquoten so. Aus gutem Grund. Spanien überzeugte bei dieser Europameisterschaft von Anfang an und gewann alle bisherigen sechs Matches. Zum Großteil sogar eindrucksvoll: Einem 3:0 gegen Kroatien ließen sie ein 1:0 über Italien folgen, wobei das Match so viel eindeutiger war als das nackte Ergebnis vermuten lässt.

Danach folgten (mit der B-Mannschaft) ein 1:0 gegen Albanien und ein 4:1 im Achtelfinale gegen Georgien. Im Viertelfinale überstanden die Spanier beim 2:1 gegen Deutschland ihren kritischen Moment in diesem Turnier, ehe sie mit 2:1 auch noch Frankreich aus dem Turnier warfen. Sechs Siege und ein beeindruckendes Torverhältnis von 13:3 stehen zu Buche – obwohl die Chancenauswertung sicher suboptimal war.

Kritische Momente hatten die Engländer hingegen mehrere zu überstehen. Für ihre meist auf Sicherheit bedachte Spielweise ernteten sie auch viel Kritik. Nicht nur in der Heimat. Großteils auch zurecht, waren doch das 1:0 gegen Serbien, das 1:1 gegen Dänemark und das 0:0 gegen Slowenien in der Vorrunde alles andere als überzeugend.

Es wurde in der K.o.-Phase nicht besser, die Engländer benötigten drei späte Tore, zwei davon sogar in der Nachspielzeit, um letztlich die Slowakei (2:1 nach Verlängerung), die Schweiz (1:1, 5:3 im Elferschießen) und die Niederlande (2:1) auszuschalten.

Gelobt wurden sie nur für die erste Hälfte gegen die Holländer, was zeigt, wie dürftig die Vorstellungen eines Kaders waren, der einen Marktwert von über 1,5 Milliarden Euro aufweist.

Doch genau darin liegt auch die große Chance der Engländer: Wie der Turnierverlauf gezeigt hat, sind sie nur sehr schwer zu schlagen, bekommen sie  wenig Gegentore und sind sie selbst in der Offensive immer für einen Treffer gut.

Es wäre grundsätzlich gut für den Fußball, sollten sich die stets offensiv orientierten Spanier durchsetzen. Verdient hätten sie es ob der bisher gezeigten Leistungen allemal. Doch es lauern genügend Gefahren, allen voran die eigene Chancenverwertung und die unumstritten riesige Qualität des Gegners.

Eines Gegners, der aus der Historie heraus längst überreif für einen Titel ist, der seit Jahren über die stärkste Liga verfügt und der bei den letzten beiden Weltmeisterschaften erst im Halb- bzw. Viertelfinale scheiterte sowie bei der EM 2021 gar erst im Finale im Elferschießen (von Italien) gestoppt wurde.

Mein Tipp: Es geht wieder ins Elferschießen und dann wird sich zeigen, ob die Engländer wirklich auch dieses Schreckgespenst hinter sich gelassen haben. Bevor Southgate Teamchef wurde, lautete die Bilanz in Elferschießen bei Welt- oder Europameisterschaften jedenfalls 1:6, mit Southgate immerhin bei 2:1.

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