Erleichterter Dominic Thiem hat Schläger ins Museum gestellt

Thiem verabschiedete sich von seinen Fans © APA/GEORG HOCHMUTH

Er hat die Bühne verlassen, die ihm jahrzehntelang die Welt bedeutete. Dominic Thiem verlor am Dienstag sein letztes Profimatch, das 563. auf der ATP-Tour und inklusive aller Jugendpartien weit über tausend, in der Wiener Stadthalle nach ansprechender Leistung. Seinen Schläger hängte er nicht sprichwörtlich an den Nagel, sondern er wanderte sofort in eine Vitrine – als neuestes Exponat der aktuellen Tennis-Ausstellung bei den Erste Bank Open.

„Die ganze Reise war ein Traum, deshalb will ich wirklich, dass der Abend auch euch gehört“, sagte Thiem nach dem Aus zu den 9.800 Fans. Davor hatte ihn die tolle Atmosphäre vor allem im ersten Satz gegen Luciano Darderi zu einer stärkeren Leistung als erwartet getrieben. „Ich hätte es mir nicht schöner vorstellen können“, sagte er nach dem 6:7(6),2:6.

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Der nach Thomas Muster erst zweite Grand-Slam-Einzelsieger aus Österreich verabschiedete sich mit einem Aufruf an die Fans. „Tennis hat in Österreich einen Riesenaufschwung erlebt. Tragt es so weiter, dass der wunderschöne Sport auch so präsent bleibt, das ist meine Bitte an euch.“

Im Rückblick auf seine Karriere erzählte Thiem später die eine oder andere Anekdote und er musste auch nicht lange nachdenken, welches verlorene Match er gern noch einmal spielen würde: Es waren nicht die knappen Niederlagen gegen Novak Djokovic im Australian-Open-Finale 2020 oder der Fünf-Satz-Thriller im US-Open-Viertelfinale 2018 gegen Rafael Nadal. „Es war eher das gegen Del Potro 2017 in New York, da gibt es für mich keine Entschuldigung dafür, das verliere ich ein von zehn Mal. Danach wäre ein Viertelfinale gegen Federer gefolgt. Ich habe gegen Roger nie bei einem Grand-Slam-Turnier gespielt, diese Chance habe ich damals liegen lassen.“

Als sein bestes Match sieht Thiem eines bei den ATP Finals 2019. Damals hatte er am Morgen des Spiels gegen Novak Djokovic an eine Heimreise gedacht, weil er so verkühlt war. „Da bin ich krank aufgewacht, ich habe ewig lange nicht gewusst, ob ich spielen kann. Aber genau der körperliche Zustand hat mir dann dazu verholfen, das Match um einiges lockerer anzugehen. Mein Level war richtig gut damals, die Kombination von diesen zwei Dingen, hat zu diesem Match geführt.“

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Thiem hat ausgesorgt. Mit 30,33 Millionen Dollar allein an Preisgeld und zig Millionen an Sponsoren-Geldern müsste er nicht mehr arbeiten. Doch die Liebe zum Tennissport ist ihm ja geblieben, versicherte er spätabends in den Katakomben der Stadthalle.

Darum ist eines seiner Ziele, in der Tennisakademie von Vater Wolfgang Thiem mitzuwirken. „Das ist zu 100 Prozent sicher, aber ich sehe mich nicht auf dem Platz. Da gibt es andere, die viel besser sind. Aber es gibt Dinge, speziell beim Schritt vom Junioren- ins Profi-Dasein und dann auch überhaupt über die ganze Profikarriere hinweg. Ich habe einen unglaublichen Erfahrungsschatz aufgebaut in den letzten 15 Jahren. Ich glaube, dass ich vielen Spielern extrem helfen kann.“

Vielleicht kann er auch eines Tages einem möglichen Nachfolger helfen. Die Lücke, die er im österreichischen Tennis hinterlässt, ist enorm. „Dass der Sport sehr beliebt ist zur Zeit, sieht man in Kitzbühel und hier. Ich hoffe wirklich, dass es bis der nächste Österreicher ganz weit vorne ist, nicht abflacht.“ Dezidiert sprach Thiem Top-Talent Joel Schwärzler an. „Hoffentlich dauert das nicht lange mit Joel. Es wird wahrscheinlich ein, zwei oder drei Jahre dauern.“

Die gerade durch das Comeback von Marcel Hirscher auftauchenden Spekulationen nach einer vielleicht möglichen Rückkehr Thiems in einiger Zeit, wies er zurück. Hirscher habe als achtfacher Gesamt-Weltcupsieger aufgehört, auch Vonn habe noch viel gewonnen. „Die sind aus anderen Gründen abgetreten als ich. Ich sehe die Chance nicht mehr, mein maximales Level zu erreichen. Da reicht auch die Liebe zum Sport nicht aus. Es gibt ja auch andere Wege das auszuleben.“

Spuren hinterlassen hat Thiem nicht nur mit u.a. 17 Turniersiegen, dem US-Open-Titel 2020 und drei weiteren Major-Finali in den Erfolgslisten der Tennis-Welt. Spuren hinterlassen haben auch die enormen Strapazen des Spitzensports bei Thiem. „Abgesehen vom Handgelenk, das in keinem perfekten Zustand ist, tun die zwei Knie weh, der Rücken schmerzt hin und wieder und auch in den Sprunggelenken und Fußballen sind viele Ödeme drinnen, die tun richtig weh. Wenn ich einmal warm bin, geht es, aber bis dahin dauert es schon.“