In Paris soll sich für Simone Biles der Kreis schließen. Die US-Turnerin möchte ihrer turbulenten wie glanzvollen Karriere noch ein krönendes Kapitel hinzufügen.
Vor drei Jahren bei den Sommerspielen in Tokio hatte die vierfache Olympiasiegerin aufgrund von psychischen Problemen auf fast alle Bewerbe verzichtet und später eine Pause eingelegt. Nun ist Biles zurück, besser denn je. „Ich bin dankbar, dass ich mein eigenes Ende schreiben darf.“
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Die 27-Jährige, die im Alter von sechs Jahren mit dem Turnen begann, kann auf eine bewegende Karriere zurückblicken. Schon als 16-jähriger Teenager hatte Biles in Antwerpen 2013 ihre ersten zwei WM-Titel erobert. Mit 19 gewann sie in Rio de Janeiro 2016 vier olympische Goldmedaillen.
Dunkle Schatten
Doch ihr Leben war neben den vielen Hochs auch mit Tiefs gepflastert. Wegen eines Suchtproblems ihrer Mutter wuchs sie bei ihren Großeltern in Texas auf. 2018, als Biles sportlich schon längst im Olymp angekommen war, machte sie öffentlich, dass auch sie vom einstigen Arzt des US-Turnteams, Larry Nasser, missbraucht worden war. Von dem Missbrauchsskandal waren Hunderte Mädchen betroffen, der Fall zog weite Kreise vom US-Turnverband bis hin zum FBI.
Ein Jahr später räumte Biles noch einmal vier Einzel-Titel bei der WM in Stuttgart ab, doch 2021 folgte in Tokio der folgenschwere mentalen Einbruch. „Es ist wie ein Kampf mit Dämonen“, machte der Turnstar damals seine Probleme öffentlich. „Mein Geist und mein Körper sind einfach nicht im Einklang. Es ist wirklich erschreckend, wenn man dann versucht, eine Übung zu machen.“
Heilsame Pause
Es folgte eine fast zweijährige Wettkampfpause. Die Weltklasse-Athletin kam stärker zurück und verheiratet. Im April 2023 ehelichte sie den Football-Profi Jonathan Owens, fünf Monate später erturnte das Jahrhundert-Talent drei weitere WM-Einzel-Titel in Antwerpen. „Ich wollte schon 500.000 Mal aufgeben, und ohne sie (Familie und Freunde, Anm.) hätte ich das auch“, meinte Biles in der Netflix-Doku „Wie Phoenix aus der Asche“ über ihre schweren Zeiten. „Ich wusste, dass es ein langer Weg sein würde, aber für mich war es noch nicht vorbei.“
Wieder in Balance
Trainerin Cecile Landi sieht ihren Schützling auf einem guten Weg. „Sie ist ruhig. Sie lacht. Sie ist wieder ganz die Alte“, sagte die Französin über Biles. „Die ganzen Dinge, die sie außerhalb des Fitnessstudios und der Turnhalle macht und dass sie verheiratet ist, das alles hilft ihr, ein gutes Gleichgewicht zu halten.“
Nun folgt die Rückkehr auf die olympische Bühne, Paris werden ihre dritten Sommerspiele. Am Sonntag steigt die US-Amerikanerin in der Bercy Arena von Paris in die Wettkämpfe ein. Zwei Tage später geht es für die 23-fache Weltmeisterin, die mit 37 WM- und Olympiamedaillen die meist dekorierte Turnerin der Geschichte ist, im Team-Finale um ihr fünftes Olympia-Gold. Am 1. August folgt das Mehrkampf-Finale.
Druck will sich die mehrfache Weltsportlerin Biles jedenfalls keinen mehr machen. „Erfolg bedeutet für mich heute etwas anderes. Früher hat das jeder für mich definiert. Jetzt geht es darum, in einer guten mentalen Verfassung dabei zu sein, Spaß zu haben und den Dingen ihren Lauf zu lassen“, so Biles.