„Nomen est omen“ gilt in dem Fall nicht: „Dar al Janub — Verein für antirassistische und friedenspolitische Initiative“ nennt sich eine im 16. Wiener Bezirk residierende Gruppierung, die weder antirassistisch noch friedlich wirkt.
Sichtbar wird dies in der aktuellen Eskalation des israelisch-palästinensischen Konflikts. Friedensappelle sucht man auf der Facebook-Seite des Vereins vergeblich. Vielmehr werden Terroristen gewürdigt.
Drei vor zwei Wochen von israelischen Soldaten erschossene Terroristen das „Islamischen Dschihad“ bezeichnet Dar al Janub als „Märtyrer“. Nach einem Anschlag mit zwei Toten in Tel Aviv postete der Verein vorige Woche ein „Bittgebet des Vaters des (Urhebers) der Tel-Aviv-Operation“ und nennt den erschossenen Terroristen ebenfalls „Märtyrer“.
Diese Diktion verwundert nicht. Dar al Janub pflegt eine Nähe zur Terrororganisation Hamas, die für Israels Vernichtung kämpft. Der Aktivist Oliver Farid Hashemizadeh postete im Vorjahr Fotos von Treffen mit Hamas-Führer Ismail Haniyeh und der palästinenischen Hijackerin Leila Khaled.
Dass der 2012 von der Organisation erdölexportierender Länder (OPEC) mit 100.000 Euro gesponserte Verein nicht den friedlichen Ausgleich zwischen Israelis und Palästinensern, sondern den Kampf gegen Israel propagiert, zeigen auch die Verbindungen zur internationalen BDS-Bewegung. BDS steht für „Boykott, Kapitalabzug und Sanktionen“.
Die Israelitische Kultusgemeinde (IKG) nennt die BDS-Aktivitäten antisemitisch, was sowohl BDS als auch Dar al Janub bestreiten. Dazu zählt die alljährliche internationale „Israeli Apartheid Week“ (IAW), die im März auch in Wien zelebriert wurde.
Mit dabei: Marcus Scholz von Dar al Janub. In einer Rede legte er — in Gegenwart mehrerer Polizisten — offen, worum es geht: „Die IAW steht gegen das, was diese Leute da drüben repräsentieren“. Mit „Leuten da drüben“ meint er „diese Nachfahren der Pogromdeutschen“, also Juden. Die IAW stehe in der Tradition von Havanna 1959 (kommunistische Revolution, Anm.), von Ho-Chi-Minh-Stadt 1975 (kommunistische Machtübernahme, Anm.) und von Teheran 1979 (islamische Revolution, Anm.).
Diese Synthese von Antizionismus, Kommunismus und Islamismus ist auch dem Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW) aufgefallen: „Es geht um die Bildung antiisraelischer Allianzen, die von ehemals links außen über den Islamismus bis hin zum Rechtsextremismus reichen“, heißt es in einer Analyse von Andreas Peham. Er ortet bei Dar al Janub einen „Versuch, Antisemitismus in ein antirassistisches und kulturalistisches (postkoloniales) Mäntelchen zu hüllen“.
Die Homepage von BDS-Austria bietet Informationen übrigens auch auf Türkisch. Innerhalb der türkischen Community gibt es durchaus eine judenfeindliche Zielgruppe, sichtbar in türkischen Buchhandlungen, die in Wien einschlägige Literatur anbieten. Etwa „Fatwas über Palästina“ des katarischen Muslimbrüder-Predigers Yusuf al Qaradawi, in dem zur Ermordung von Juden aufgerufen wird: „Sogar der Stein und Baum, hinter dem sich die Juden verstecken, werden sagen ‚Oh Muslim, der Jude ist hinter mir, komm‘ töte ihn!‘“, heißt es in dem Elaborat. Die Buchhandlung MGV Publications bietet es noch immer an, obwohl die Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DNS) seit Monaten Bescheid weiß und die Staatsanwaltschaft Wien ermittelt…
Von Manfred Maurer