Am Sonntag können die Linzer entscheiden, ob Klaus Luger (SPÖ) weitere sechs Jahre Bürgermeister bleiben oder ob Bernhard Baier (ÖVP) das Amt übernehmen soll. Um 16 Uhr schließen die Wahllokale, gegen 17 Uhr könnte bereits ein Ergebnis vorliegen. Die Angelobung und die konstituierende Sitzung des Gemeinderates ist für den 4. November geplant. ÖVP-Chef Baier hofft, dass die Wähler am Sonntag auch ein „Zeichen“ gegen die „rote Allmacht“ in der Stadt setzen.
VOLKSBLATT: SPÖ-Chef Klaus Luger hat einen respektablen Vorsprung, wie glauben Sie, dass Sie ihn trotzdem schlagen können?
BAIER: Zum einen ist es immer ein Wettbewerb um die besseren Ideen und Konzepte und ich bin der Überzeugung, dass wir in Linz einen frischen Wind und in vielen Bereichen auch neue Lösungen brauchen, um die Zukunft gut meistern zu können. Zum andern geht es am Sonntag auch darum, ein Zeichen gegen die rote Allmacht zu setzen.
Schon überlegt, was Sie als erstes tun werden, wenn Sie gewinnen?
Nein. Denn wir sind jetzt in einer Wahlbewegung und da in der Verlängerung. Und jetzt konzentrieren wir uns voll auf den kommenden Sonntag. Klar ist, dass es genügend Aufgaben und Projekte gibt, wenn man nur an den Verkehr denkt …
Wie wollen Sie denn die Verkehrsprobleme in den Griff bekommen?
Beim Verkehr ist man gut beraten, keine „Entweder-Oder-Modelle“ zu forcieren, sondern auf „Sowohl-Als-Auch“ zu setzen. Es geht nur mit einem Mix an Maßnahmen in unterschiedlichen Bereichen. Da gehört einmal der Ausbau des öffentlichen Verkehrs dazu, hier braucht es eine enge Zusammenarbeit mit dem Land, um möglichst rasch die Regiotram umzusetzen. Aber auch den Straßenausbau darf man – bei aller Priorität für sanfte Mobilität – nicht vergessen, denn wir werden auch in Zukunft mit Autos unterwegs sein. Und bei der sanften Mobilität haben wir, gerade was die Radwege anlangt, in Linz noch einen Riesenaufholbedarf. Die ungelöste Situation auf der Nibelungenbrücke ist das beste Beispiel dafür.
Aber das wird man erst lösen können, wenn der Westring da ist …
… das sehe ich anders. Den Radweg-Ausbau auf der Brücke hätte man schon früher angehen können, mit Zu- oder Anbauten auf der Brücke. Das wäre technisch möglich und auch finanziell vertretbar gewesen. Aber das wurde nie forciert. Und so wie es auf der Nibelungenbrücke ist, ist es in der ganzen Stadt: Die Hauptradrouten durch die Stadt fehlen, es fehlen die Verbindungen.
Grundsätzlich nehmen auch Konflikte und Spannungen in der Stadt zu: Wie kann man Integration verbessern?
Wir haben eine Situation, die nachdenklich macht. Wir sehen, dass die Polarisierung in der Gesellschaft immer stärker wird. Auch das Vertrauen in die Politik nimmt ab, ein Indiz dafür sind nur 57 Prozent Wahlbeteiligung bei der Kommunalwahl am 26. September. Dieses Vertrauen gilt es zurückzugewinnen. Und wir brauchen mehr Miteinander, wir müssen aufpassen, dass keine Parallelgesellschaften entstehen.
Wie kann man das konkret verhindern?
Integration ist keine Einbahnstraße. Integration heißt immer fördern und fordern. Die Förderungen haben wir ausreichend, nun muss man auch Dinge einfordern. Wie zum Beispiel die Deutschpflicht für Migranten. Da kann man auch städtische Sozialleistungen wie den Aktivpass damit verknüpfen. Ich will das beim Aktivpass ähnlich haben wie bei der Wohnbeihilfe auf Landesebene.
Die Impfbereitschaft sinkt und die impfskeptische Liste MFG schaffte den Einzug in den Gemeinderat. Kann man so die Pandemie besiegen?
Mein Credo war immer: Schützen statt Gefährden. Und es ist verantwortungslos, wie einzelne Politiker und Gruppierungen hier agieren. So ist auch die Pandemie-Bekämpfung schwieriger und langwieriger. Das schadet natürlich auch dem Standort.
Im Gemeinderat sitzen nun neun Fraktionen, rechnen Sie mit Problemen deswegen?
Es gibt jetzt eine noch größere Vielfalt und das muss man zur Kenntnis nehmen, weil es der Wähler so verteilt hat. Das ist natürlich auch eine Folge der geringen Wahlbeteiligung. Und es sind immer noch Mehrheiten durch zwei Fraktionen möglich, insofern sehe ich das gelassen.
Mit dem Linzer ÖVP-Vizebürgermeister BERNHARD BAIER sprach Herbert Schicho