Poxrucker Sisters präsentieren neues Album

Die Poxrucker Sisters aus dem Mühlviertel melden sich nach vier Jahren mit ihrem neuen Album „Horizont“ zurück

Magdalena, Christina und Stefanie Poxrucker sind seit Jahren mit ihrer Musik als Poxrucker Sisters unterwegs.Das Video zu „Pock di zom“ (oben) vom neuen Album „Horizont“ entstand mitten im Lockdown. Zwölf Songs finden sich auf der neuen CD, die unter dem hauseigenen Label „Barfuß Records“ am Freitag (7. Mai) erscheint. Wenn möglich, sind die Poxrucker Sisters im Sommer mit den neuen Liedern im ganzen Land unterwegs.
Das Video zu „Pock di zom“ vom neuen Album „Horizont“ entstand mitten im Lockdown. Zwölf Songs finden sich auf der neuen CD, die unter dem hauseigenen Label „Barfuß Records“ am Freitag (7. Mai) erscheint. Wenn möglich, sind die Poxrucker Sisters im Sommer mit den neuen Liedern im ganzen Land unterwegs. © Zoe Goldstein

„Horizont“heißt das neue Album der Poxrucker Sisters, das am Freitag auf den Markt kommt. Seit 2004 musizieren die drei Schwestern aus dem Mühlviertel gemeinsam, nun haben sie auch ein eigenes Plattenlabel gegründet, wie Stefanie dem VOLKSBLATT erzählt.

VOLKSBLATT: Wenn Ihr an einem Album zu arbeiten beginnt, wie experimentell seid Ihr da unterwegs?

STEFANIE POXRUCKER: Wir drei schreiben ja alle Songs selber und lassen uns schon sehr stark davon inspirieren, was in unserm Leben passiert. Wir haben vorher kein Konzept, sondern wir schauen, was passiert. Man will sich natürlich musikalisch entwickeln, gleichzeitig haben wir eine Musik, mit der wir jetzt schon einen langen Weg gehen. Wir haben Fans, die auf diese Musik stehen und das ist dann so ein Balanceakt und auch ein bisschen ein Abtasten, wo könnte die Reise denn hingehen.

Gibt es da auch die Idee, Hochdeutsch oder in einer anderen Sprache zu singen?

Wir bleiben bei der Mundart, beim Dialekt. Auch weil die Songs so rauskommen, die sind im Dialekt da. Wenn ich im Auto sitze, oder meine Schwester unter der Dusche steht, oder wo diese Ideen kommen … Das ist unsere Muttersprache, wir können uns da am authentischsten und echtesten ausdrücken. Manche Begriffe sind uns im Hochdeutschen näher, beispielsweise „Liebe“. Von der „Liab“ singen – da findet man sich selber nicht mehr, weil so reden wir nicht. Ich sage „Ich liebe dich“ und nicht „I liab di“.

Gibt es Fans, die nicht alles verstehen?

Der Mühlviertler Dialekt — oder der oberösterreichische —, kommt recht gut an. Wir haben einen großen Fan aus den Niederlanden. Der rät oft, was verschiedene Begriffe heißen könnten. Wir kriegen oft die Rückmeldung, dass die Musik alleine in der Gesamtkomposition schon eine gute Wirkung hat. Uns ist die Botschaft wichtig, aber es wirkt ja musikalisch, und bei einem englischen Song versteht man ja auch nicht immer alles.

Vier Jahre ist es her seit dem letzten Studioalbum. Da ist viel passiert bei den Sisters …

Ja, es hat sich auch privat sehr viel getan. Christina ist Mama geworden vor fast drei Jahren. Magdalena war in Irland auf Auslandssemester, gleichzeitig war ich mit meinem Mann im Ausland. Das war dann ein bisschen eine Pause. Dann habe ich letzten Sommer noch Nachwuchs bekommen. Jetzt ist unsere Poxis-Familie ein bisschen größer geworden.

Und das kommt auch in den Songs vor …

„Bis zum Mond“ ist eine Nummer, wo das ganz stark drin ist, aber auch „Du bist so sche“, und auch „Deafs a bissl mehr sei?“. Dieses Mama-Sein und Musikerin-Sein, das ist für uns voll das Thema. Diese Vereinbarkeit mit diesem besonderen Beruf, die wir super leben können, weil wir Partner und Familie haben, die das voll unterstützen. Aber wir sehen noch immer einen eklatanten Unterschied in der Musikszene zwischen Frauen und Männern. Man muss sich nur Festivals anschauen, oder auch im Radio teilweise. Da ist ein Mega-Unterschied. Und ich glaube nicht, dass es daran liegt, dass Männer die bessere Musik machen. Da gibt es Mechanismen.

„Deafs a bissl mehr sei?“ darf man ja auch als Hinweis auf die Gründung des eigenen Plattenlabels „Barfuß Records“ lesen, oder?

Ganz genau! Wir haben überlegt, wo wir das Album rausbringen. Wir hatten eine tolle Zusammenarbeit mit Hoanzl. Seit wir vor sieben Jahren angefangen haben, hat sich die Musikszene völlig gewandelt. Damals war man hauptsächlich Musikerin, mittlerweile muss man auch Influencerin sein und Social Media perfekt beherrschen. Wir haben dann entschieden, dass wir eigentlich unsere eigenen Chefs sein wollen. Und wir wollen vor allem für das, was wir für das Album leisten, auch etwas kriegen, eine organisatorische und finanzielle Unabhängigkeit, die natürlich mit mehr Verantwortung einhergeht. Dann haben wir beschlossen, wir gründen unser eigenes Label.

Habt Ihr auch vor, andere Musikerinnen zu produzieren?

Wir haben das schon besprochen und nicht ausgeschlossen. Aber es war klar, dass wir uns zuerst auf unsere Produktion konzentrieren müssen. Für die Zukunft gesehen ist unser Wissen schon ein spannender Schatz, den wir weitergeben können. Dass jetzt Corona ist, macht natürlich alles eine bisschen unsicherer. Wenn man jetzt ein Album herausbringt, dann muss man schauen, ob man gut ankommt, auch wenn man gerade keine Konzerte spielen kann. Jetzt ist der Fokus darauf, aber da gäbe es schon einiges an Potenzial.

Die Omnipräsenz in Sozialen Medien ist oft für Frauen ein heikles Thema, weil man vielleicht Kommentare zu lesen bekommt, die man so nie sehen wollte. Im Song „Sche sa“ geht es auch darum. Könnt Ihr dem Filter-Wahnsinn, dem Drang, perfekt rüberzukommen, selbst widerstehen?

Wir sind gerade im Videodreh zu dem Song. Wir wollten in dem Lied nicht verurteilen, weil wir selbst wissen, wie es ist. Wir haben mal Fotografenfotos gepostet, also wirklich tolle, perfekte Fotos und da kam auch gleich: „Natürlich gefällt ihr uns aber besser!“ Man wird als Frau immer bewertet. Für den Song war es uns auch wichtig, herauszuarbeiten, dass diese schöne Scheinwelt nicht alles ist, aber gleichzeitig geht es auch darum, dass beides seinen Platz, seine Berechtigung hat. Weil ich mich als Frau schön herrichten und präsentieren will, dann ist das auch mein gutes Recht. Dieses live vor Publikum spielen, eine echte Reaktion von Menschen zu bekommen, das fehlt jetzt schon so sehr. Nur die Likes auf Facebook oder die Follower auf Instagram, das ist ja nur ein Bruchteil. Online läuft man oft Gefahr, dass Dinge beschönigt sind und nicht das zeigen, was wirklich ist. Das merkt man ja auch bei dem Corona-Thema. Nur weil manche recht laut schreien oder wie Viele ausschauen, heißt das nicht, dass es in der Realität auch so ist.

Eure Video zu „Pock di zom“ ist ja total Corona-konform. Zufall oder den beengten Möglichkeiten geschuldet?

Das entstand wirklich mitten im Lockdown. Wir waren von unserer gemeinsamen Idee recht angetan, dass ein Auto unsere kleine Bühne ist. Wir haben wie bei jedem Lied überlegt, wird das eine Single oder nicht. Und dann war klar, die muss jetzt kommen, weil dieses „Pock die zom“ ist uns so aus dem Herzen gekommen. Wir hatten auf jeden Fall viel Spaß beim Drehen, auch mit den Dingen, die da die ganze Zeit aus dem Auto fliegen. Wir haben auch als Reaktion viele Videos von Fans bekommen, auch von Kindern von Fans, die diesen Song auf und ab singen und sich in ihre Bobby-Cars setzen und ihre Sachen gepackt haben, die dann rausfliegen.

Ihr zeigt ja da auch Eure schauspielerischen Qualitäten. Ist das eine Idee für ein weiteres Standbein?

An das habe ich noch gar nicht gedacht! Natürlich will man auf der Bühne authentisch sein, aber auf der anderen Seite ist es immer auch ein bisschen ein Spiel. Man will ja das Publikum ein bisschen in eine andere Welt mitnehmen. Als wir vor Jahren angefangen haben, waren unsere Auftritte auch schauspielerisch. Das stimmt, bei dem Video ist es auch wieder so und ich denke, dass wir sicher Potenzial hätten. Da gibt es ein paar so Sachen … Wir tanzen eigentlich alle gern, die Magdalena macht das auch mehr. Die wäre sich auch eine „Dancing-Stars“-Kandidatin.

In einem Interview von 2017 sagt Ihr, dass Ihr gerne von Eurer Musik leben würdet. Geht sich das inzwischen aus? Auch wenn das vergangene Jahr für Künstler insbesondere ein Ausnahmejahr war …

Jetzt ist es schon so, dass wir alle nebenbei noch einen Job haben. Wir haben eine große Tour vor, die schon Mitte August starten würde. Wenn das aufgeht, wären wir sehr zuversichtlich, dass sich das dann ausgeht.

Im Zusammenhang mit den Poxrucker Sisters liest man häufig den Begriff „Neue Volksmusik“. Könnt Ihr mit der Schublade ‚was anfangen?

Dieses vierte Album ist da wirklich sehr weit weg. Vielleicht gab es in den ersten Alben da mehr ein Andocken, oder auch live. Wenn man „Neue Volksmusik“ mit Hubert von Goisern vergleicht, dann findet man sicher ganz starke Verbindungen. Wir sind eigentlich beim Begriff „Dialektpop“ hängengeblieben, weil die Musik, die wir machen, ist Popmusik, einfach halt im Dialekt.

Wenn es in Richtung Hubert von Goisern geht, findet Ihr Euch. Was ist, wenn es in Richtung Andreas Gabalier geht?

Da finden wir uns nicht! Ich glaube, da trennen uns Welten, auch beim Songwriting, beim Zugang, wie geschrieben wird, aber auch, mit welchen Wörtern gespielt wird. Das Thema „Liebe“ würde da wieder passen. Ich glaube, der Gabalier singt immer von der „Liab“, dafür singt er andere Wörter in Hochdeutsch, damit man ihn besser versteht. Ich denke, das ist einfach ein anderer Zugang. Seine Leistung möchte ich gar nicht schmälern, aber da liegen sicher Welten zwischen Andreas Gabalier und uns. Einfach auch, wenn es um darum geht, welche Haltungen uns wichtig sind, zu transportieren. Er ist da, glaube ich, doch eher traditionell. Da haben wir als Frauen einen anderen Zugang. Auch wie wir Musikvideos machen. Das Thema sexualisierte Bilder, so mit viel Ausschnitt und so — das würde ich eher Andreas Gabalier als den Poxrucker Sisters zuordnen. Er hat sicher Songs mit eingängigen Melodien, die haben wir auch, aber es ist ‚was anderes.

Mit Musikerin STEFANIE POXRUCKER sprach Mariella Moshammer