„Wir spielen als Region OÖ in europäischer Spitzenliga mit“

VOLKSBLATT-Sommergespräch: Thomas Stelzer: Der OÖVP-Chef und Landeshauptmann will Standort attraktiv halten

„Meine Kinder sollen es oder werden es einmal besser haben“ – Ist das Generationsversprechen angesichts unseres Wohlstands überhaupt noch gültig oder braucht es ein neues Versprechen?

Ich würde sagen, was immer schon gegolten hat: Die Kinder sollen es gut haben und sie sollen die Chance haben, dass sie ihre Lebenspläne und ihre Lebensträume verwirklichen können. Das ist eigentlich der grundlegende Anspruch, auch wenn wir natürlich andere Zeiten und andere Rahmenbedingungen in vergangenen Jahren haben, das will ich gar nicht weg- oder schönreden.

Ist Ihr Motto „Oberösterreich – Land der Möglichkeiten“ ein solches, neues Versprechen?

Ja, das trifft es ganz gut. Denn unabhängig davon, was jeder oder jede vom Leben erwartet: Perspektiven zu haben, Möglichkeiten zu entwickeln und dann einen eigenen Lebensentwurf zu entwerfen und diesen dann auch leben zu können, das steckt eigentlich in jedem von uns. Genau deswegen ist es auch der Anspruch des Landes Oberösterreich, dass man genau das in der ganzen Breite und Vielfalt anbietet.

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Und der „Oberösterreich-Plan“ ist sozusagen der Weg dorthin?

Es ist auf jeden Fall ein wichtiges Mittel, um diesen Weg zu bereiten und zu diesem Ziel zu kommen. Der Oberösterreichplan bedeutet ja, dass man in jene Bereichen, die für eine erfolgreiche Zukunft wichtig sind, investieren kann. Dass wir das Land zügiger voranbringen, von der Bildung bis zur Gesundheitsversorgung. Und es ist natürlich auch ein wesentliches Instrument zur Konjunkturbelebung. Gerade in Zeiten, in denen es wirtschaftlich sehr fordernd ist.

Wie kann der Standort Oberösterreich attraktiv für die Menschen, Wirtschaft und Industrie bleiben?

Wir sind Teil des Standorts Europas und daher ist ganz wichtig, wie sich Europa, sprich die Europäische Union, aufstellt. In den letzten Jahren ist vieles, was Standort-, Wirtschafts- und Arbeitsplatzpolitik anlangt, nicht optimal gelaufen.

Wir haben uns gegenüber anderen Standorten auf der Welt in vielen Bereichen ins Hintertreffen manövriert. Da müssen wir auch wieder zu mehr Wettbewerbsfähigkeit kommen. Das heißt weniger Verbote und auch mehr Unterstützung von Produktion im Vergleich zu anderen Standorten.

Aber wir brauchen nicht nur nach Brüssel oder Europa schauen, sondern können auch selber viel tun. Vereinfachen, beschleunigen, Bürokratie herausnehmen. Alles das machen wir gerade jetzt. Wir haben ein sogenanntes Schlankmacherprogramm gestartet – auch in der Landesverwaltung -, um zu schauen, wo kann man wirklich effizienter werden.

Wir können Investitionen beschleunigen oder vorziehen. Wir können und müssen die Infrastruktur immer weiter ausbauen. Das gilt für die Straße genauso wie für den öffentlichen Verkehr. Genauso die Digitale Infrastruktur und vieles andere.

Bildung ist immer ein Wegweiser in Richtung einer guten Zukunft. Eine breite, vielfältige, moderne Bildungslandschaft, bis hin zum Universitäts- und Hochschulangebot. Das ist für eine Region wie die unsere entscheidend. Dass wir in so einer Zeit eine neue Uni bekommen und gründen können, ist da natürlich inhaltlich wichtig, aber auch ein wichtiges Symbol für so einen Weg.

Ist die IT:U der größte Wurf der ersten Hälfte in dieser Legislaturperiode?

Ich würde sagen, der Gesamterfolg, dass wir als Region Oberösterreich in einer europäischen Spitzenliga mitspielen, das ist eigentlich der große Wurf, und der besteht aus vielen Teilen. Ein ganz wesentliches Stück ist mit Sicherheit die IT:U. Sie steht für Forschung, sie steht für Internationalität, sie steht für digitale Transformation und sie steht auch für den Willen, in schwierigen Zeiten etwas zu machen.

Aber es gehört genauso dazu, dass wir das größte Öffi-Projekt der Geschichte mit der Regional-Stadtbahn ins Leben gerufen haben. Es gehört dazu, dass man die Corona-Pandemie in vielfältiger Weise gut bewältigt hat.

Und es gehört dazu, dass wir ein breites Kulturjahr haben. Ohne das wären auch viele andere Dinge nicht möglich. Wie man merkt, ist es wichtig, dass man immer die ganze Breite in der Gestaltung im Blick hat.

Auch energiepolitisch tut sich einiges. 110-kV Leitung, neue Wasserstoffanlage in der Voest…

Die Herausforderung, klimagerecht zu wirtschaften und klimaneutral zu werden, ist für ein Industrieland wie das unsere, eine immens große. Und darum bin ich so froh, dass auch Unternehmen, kleine wie große, von sich aus investieren. Wir unterstützen diesen Umbau mit dem Zukunftsfonds.

Aber wir müssen am Ende trotzdem sehen, dass die Gesamtenergie, die wir brauchen, um den Wirtschaftsstandort aufrecht zu erhalten, niemals zur Gänze in Österreich und Europa erzielt werden kann. Darum ist es auch wichtig, dass man internationale Kooperationen und Lieferbeziehungen hat.

Heuer gab es noch keinen Ordnungsruf im Landtag. Das zeugt von einem guten Gesprächsklima. Wie zufrieden sind Sie mit der Zusammenarbeit?

Worüber ich mich wirklich freue ist, dass man bei allem Widerspruch und bei aller Konkurrenz, die es natürlich in der Politik gibt und geben muss, trotzdem als Ziel vor Augen hat: Wir müssen das Land voranbringen und für die Landsleute gestalten. Und – ich will da nichts romantisieren – ich glaube, dass wir in Oberösterreich ein gutes Miteinander haben, speziell, wenn man nach Wien auf die Bundesebene schaut.

Dass es dabei bleibt, darum bemühe ich mich. Denn es ist natürlich auch die Aufgabe eines Landeshauptmanns bzw. der stimmenstärksten Partei, ein gutes Grundklima zu schaffen.

Also alles eitel Wonne?

Es gibt natürlich immer Themen, bei denen man gegenteilige Ansichten hat und wo man natürlich auch versucht, sich durchzusetzen. Aber ich würde sagen, das findet immer noch auf einem Niveau oder in einer Umgangsform statt, wo die Leute sagen: „Okay, das ist halt Politik“.

Klingt nach einem Gegenbeispiel zum sonst so rauen Ton in der Politik.

Mich wundert es nicht, dass es immer mehr Politikverdrossenheit gibt. Oder wenn die Leute sagen: „Die streiten eh nur“. Ich halte das auch für keine gute Entwicklung. Denn kaum sagt einer etwas oder macht einen politischen Vorschlag, überlegen sich alle anderen schon: „Wie kann ich den anderen madig machen?“.

Für mich gilt: man kann verschiedene Ideen haben, wie man zu einer Lösung kommt. Diese muss man gegenüberstellen und dann versuchen, gemeinsam daraus etwas zu machen. Das ist der oberösterreichische Weg.

Schauen wir in die Zukunft. Die Liste an Vorhaben bis zur nächsten Landtagswahl 2027 ist lang. Was steht auf Ihrer Prioritätenliste ganz oben?

Wir haben uns im Gesundheitsbereich einiges an Modernisierungen und Investitionen vorgenommen, um die Versorgung auf höchster Qualitätsstufe weiter gewährleisten zu können. Auch in der Ausbildung – von Medizinern bis in den Pflegebereich – entwickeln wir uns weiter. Im Sozialbereich haben wir uns vorgenommen, insbesondere die Wohnsituation für Menschen mit Beeinträchtigungen weiter zu verbessern und das Angebot auszubauen. Jedes Jahr kommen 100 Plätze dazu.

Auch in puncto Standort sind wir sehr aktiv. Darum, dass wir wirtschaftlich in der Top Liga Europas spielen, müssen wir jedes Jahr wieder neu kämpfen. Wir wollen unsere Unternehmen im Land halten und neue Unternehmen ins Land bekommen.
Und wir haben den Startschuss für die Regional-Stadtbahn vor uns und die neue Universität. Ich würde sagen, wir haben ein sehr reichhaltiges Arbeitsprogramm, uns werden die Aufgaben nicht ausgehen.

Das alles kostet Geld. Heuer sind rund 8,5 Milliarden Euro für das Budget veranschlagt. Liegt Oberösterreich auf Kurs?

Das bleibt natürlich fordernd. Die überschaubare wirtschaftliche Entwicklung heißt natürlich, dass die öffentlichen Einnahmen nicht so sprudeln. Auch die Steuerreform bedeutet, dass die Leute zwar entlastet sind, aber auch, dass weniger Steuern reinkommen.

Wir haben zudem für Oberösterreich eine Schuldenbremse beschlossen. Wir wollen also unbedingt, sobald das geht, auch wieder auf den Weg der ausgeglichenen Haushalte zurück. Denn trotz aller Notwendigkeiten des Investierens arbeiten wir immer mit öffentlichem Geld. Und jedes Schuldenmachen heißt, einen Vorgriff auf die nächste Generation zu tätigen. Das kann keine Dauerlösung sein.

Auf Bundesebene wird am 29. September gewählt. Medial bestimmte der Dreikampf zwischen ÖVP FPÖ und SPÖ die Berichterstattung. Bleiben die politischen Inhalte auf der Strecke?

Ich glaube, dass gerade die ÖVP für einen klaren Weg steht. Wir sagen immer, wo wir mit dem Land hinwollen, was wollen wir erreichen und was müssen wir tun, damit wir in Oberösterreich und in Österreich auch weiterhin sehr gut leben können.

Es gibt den Österreich-Plan von Bundeskanzler Karl Nehammer und jetzt auch noch unser Wahlprogramm. Bei uns weiß man also auch inhaltlich immer, woran man ist.
Die Wahl am 29. September ist eine Entscheidung darüber, wer dieses Land regiert. Da geht es auch um Personen – und wir glauben schon, dass wir mit Karl Nehammer einen entscheidenden Vorteil haben.

Sollte die ÖVP nicht vermehrt ihre Erfolge der Vergangenheit präsentieren?

Ich glaube, es ist eine Mischung. Natürlich wollen wir zeigen, dass wir das können! Und zum Beweis, dass man es kann, muss man seine Erfolge auch kommunizieren. Da hilft es uns natürlich, das mit der Abschaffung der kalten Progression, dem Pflege-Paket, etc. in dieser Periode vieles vorangegangen ist.

Ein weiterer wesentlicher Bestandteil ist, dass wir nicht irgendwo abgehoben agieren. Der große Vorteil der ÖVP ist, dass wir mit unseren Mitgliedern und Funktionären überall vor Ort sind und zuhören. Wir werden auch mit dem Bundeskanzler und unseren Spitzenkandidaten unterwegs sein. Wir sind im Austausch mit den Leuten, das erwarten sie sich auch.

Mit Landesrat Wolfgang Hattmannsdorfer wechselt ein langjähriger Weggefährte nach Wien. Ein besonders schwerer Verlust für die Landespolitik?

Er ist ein wesentlicher Player in unserem Team und hat seine Sache sehr, sehr gut gemacht. Daher löst es nicht nur Freude bei mir aus, dass er eine neue Chance hat. Andererseits kann auch Oberösterreich von dieser Chance profitieren. Denn als Generalsekretär der Wirtschaftskammer spielt er für DAS Wirtschaftsland Oberösterreich natürlich auch eine wichtige Rolle.

Mit Christian Dörfl setzt man auf einen erfahrenen Nachfolger…

Ja. Er ist ein erfahrener Politiker, der auch im politischen Umfeld gut gesettelt ist und der gerade aber auch als Kommunalpolitiker sehr gut weiß, wo die Menschen der Schuh drückt. So ein Sensorium ist gerade für den Sozialbereich, glaube ich, ganz wichtig.

Auf der Bundesliste der ÖVP sind Namen aus Oberösterreich weit vorne zu finden. Das muss Sie besonders freuen…

Ich bin sehr froh über die starke Stimme, die unser Land künftig in Wien haben wird. Und auch die gute Mischung mit viel Jugend ist ein Grund zur Freude. Immerhin ist unsere Claudia Plakolm Nummer 2 auf der Bundesliste.

Was erwarten Sie sich als Landeshauptmann und als Vorsitzender der Landeshauptleutekonferenz von der neuen Regierung?

Wir werden als Landeshauptleute – unabhängig der politischen Herkunft – ein Forderungsprogramm der Länder vorlegen. Das geht von Kompetenzen, Neugestaltungen bis hin zu Finanzen. Ganz viel, was vor Ort geregelt werden kann, soll auch vor Ort gemacht und entschieden werden. Im Sinne schneller Leistungen für die Bürgerinnen und Bürger. Grundsätzlich erwarte ich mir ein gutes Miteinander auf Augenhöhe zwischen Bundesregierung und den Ländern.

Jetzt hat man zwar erst kürzlich einen Abschluss geschafft, aber braucht es noch einmal Nachverhandlung beim Finanzausgleich?

Wir haben jetzt aus meiner Sicht einen Finanzausgleich. Aber die Aufgaben wachsen dynamisch. Wir sind gerade im Gesundheits- und Sozialbereich zuständig und dort geht es um Leistungssicherheit für die Leute. Darum braucht es schon zumindest Vorbereitungen auf den nächsten Finanzausgleich und die Bereitschaft, einen neuen Verteilungsschlüssel zu finden.

Kurzfristig ist es aber sicherlich notwendig, dass die Gemeinden auch liquide bleiben, weil die neben der Daseinsvorsorge auch wichtige regionale Aufgaben haben. Da braucht es möglicherweise schon während der laufenden Periode eine Nachschärfung.

Das Interview führte Dominik Hennerbichler

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