Polaschek will mehr Gewaltprävention an Schulen

Polaschek besuchte zum Schulstart eine Volksschule in Favoriten. © APA/EVA MANHART

Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP) will im neuen Schuljahr den Fokus auf Gewaltprävention in den Schulen legen. Unter dem Motto „Hinschauen statt wegschauen“ soll es etwa verpflichtende Kinderschutzkonzepte und mehr multiprofessionelle Teams geben, sagte Polaschek am Montag bei einer Pressekonferenz. Zudem forderte er mehr Deutschförderung besonders in Wien.

Schule solle ein Ort sein, an dem man sich sicher und wohl fühle, meinte Polaschek im Rahmen eines Besuchs an einer Volksschule in Wien-Favoriten. Es gebe an den Schulen Gewalt, Mobbing, Suspendierungen und mangelnde Deutschkenntnisse, „mit Schönreden ist keinem geholfen“, befand der Minister. „Wir müssen deshalb die Probleme beim Namen nennen und Lösungen anbieten.“ Das Problem verortete Polaschek vor allem in Wien, denn dort gebe es „die meisten Gewaltdelikte“ an Schulen – „auch als Resultat jahrelanger falscher Integrationspolitik in der Bundeshauptstadt“, richtete der Minister wenige Wochen vor der Nationalratswahl der rot-pinken Stadtregierung aus.

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Unter dem Motto „Hinschauen statt wegschauen“ soll jedenfalls der Kinderschutz an den Standorten gestärkt werden. „Zero tolerance – kein Platz für Gewalt in der Schule“, gab der Minister als Ziel aus. Die physische und psychische Gesundheit der Schülerinnen und Schüler müsse gewährleistet werden. Für die Erstellung von Kinderschutzkonzepten an jedem Schulstandort werde man Hilfestellungen an die Schulen aussenden. Zudem will Polaschek verstärkt multiprofessionelle Teams etwa mit Psychologen und Sozialarbeitern an Schulen einsetzen. Darüber hinaus blieb der Minister bei der Pressekonferenz noch vage – weitere Maßnahmen und Details sollen erst in den kommenden Wochen und Monaten präsentiert werden.

Barbara Haid, Präsidentin des Österreichischen Bundesverbands für Psychotherapie, berichtete, dass fast ein Viertel der Schülerinnen und Schüler mit psychischen Problemen zu kämpfen habe. Die Gründe lägen unter anderem in den Nachwirkungen der Pandemie, an der Teuerung oder auch am Leistungsdruck. Depression, Aggression, Gewaltbereitschaft und Mobbing griffen „mehr und mehr um sich“, warnte Haid. Die Situation sei im urbanen Raum schwieriger, und zwar nicht nur in Wien. Eine Aufstockung und Erweiterung des Schul-Unterstützungspersonals sei notwendig.

Polaschek widmete sich bei seinem Medienauftritt zudem mangelnden Deutschkenntnissen. Es gebe Klassen, vor allem in Wien, die zu 100 Prozent aus Kindern mit Migrationshintergrund bestünden, so Polaschek. Seitens des Bundes unterstütze man die Stadt Wien, „wo es nur geht“, meinte der Minister, aber die Realität sei, dass in Wien viel weitreichendere Schritte notwendig seien. Polaschek forderte die Einführung von „Intensiv-Sprachlernkursen“ an ausgewählten Standorten und Wertekurse. Erst, wenn auf einem ausreichenden Level Deutsch gesprochen werde, solle man in die Deutschförderklassen übertreten können, meinte Polaschek.

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Um schon früh anzusetzen, sprach sich Polaschek auch für verpflichtende Sprachstandsfeststellungen im Mutter-Kind-Pass aus, wobei er dies auf Nachfrage auf Kinder nicht-deutscher Muttersprache einschränkte, Details zu einem möglichen Ablauf aber schuldig blieb.

Das neue Schuljahr hat am Montag in Wien, Niederösterreich und dem Burgenland begonnen, im restlichen Österreich haben die Schüler noch eine Woche Ferien. Den Lehrkräftebedarf sieht Polaschek erfolgreich gelöst, alle Unterrichtsstunden könnten gehalten werden, versicherte er einmal mehr. Von den rund 120.000 Lehrerstellen seien noch etwa 100 unbesetzt, für diese habe es keine Bewerbungen gegeben.

Weiterverfolgen will man übrigens auch den Schwerpunkt vom vergangenen Schuljahr, nämlich das Lesen. Heuer werde erstmals ein bundesweites Lesegütesiegel an jene Schulen verliehen, die sich in der Leseförderung besonders engagierten, kündigte Polaschek an.

Kritik erntete der Bildungsminister von der Opposition, die ihm Untätigkeit in seiner Amtszeit vorwarfen. Die Erkenntnis, dass besonders Gewalt, Mobbing, Suspendierungen und mangelnde Deutschkenntnisse an Österreichs Schulen Probleme darstellen würden, komme „ziemlich spät“ am Ende seiner Amtszeit, kritisierte der FPÖ-Bildungssprecher Hermann Brückl in einer Aussendung. NEOS-Bildungssprecherin Martina Künsberg Sarre forderte zur Lösung des Lehrermangels 20.000 zusätzlichen Pädagoginnen und Pädagogen in den nächsten Jahre, sowie mehr psychosoziales Unterstützungspersonal und Sprachförderung in der Elementarpädagogik.

Der SPÖ-Abgeordnete Christian Oxonitsch empfahl dem Bildungsminister, „endlich mehr Personal und Mittel für die Unterstützung der Lehrerinnen an den Schulen bereitzustellen, das Sprachförderkonzept nach den Vorschlägen der Expertinnen zu überarbeiten und bei der Behebung des Lehrerinnenmangels einen Zahn zuzulegen“. Die SPÖ-nahen Kinderfreunde verwehrten sich zudem gegen die Kritik an der Bundeshauptstadt. Wien habe für die Lösung der vielfältigen Probleme in der Amtszeit Polascheks wenig Unterstützung und proportional viel zu wenig Mittel für psychosoziales Unterstützungspersonal, Förderpersonal und Assistenzkräfte, bekommen, so Geschäftsführerin Daniela Gruber-Pruner.

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