Biden will Ukraine weitere Luftabwehrsysteme liefern

US-Präsident Joe Biden sagt Kiew weitere Untrstützung zu © APA/GETTY IMAGES NORTH AMERICA/ALEX WONG

Nach dem verheerenden russischen Angriff auf die ukrainische Stadt Poltawa hat US-Präsident Joe Biden der Ukraine die Lieferung weiterer Luftabwehrsysteme zugesagt. Zuvor gab es Berichte, wonach die USA kurz vor einer Vereinbarung über die Lieferung von Marschflugkörpern mit großer Reichweite an die Ukraine stünden. Der Kreml reagierte mit der Ankündigung, seine Atomwaffendoktrin zu ändern. Das Vorgehen des Westens zwinge das russische Präsidialamt zu einer Änderung.

Russland werde vom sogenannten Westen vor Herausforderungen und Bedrohungen gestellt, die eine Überarbeitung der Atomwaffendoktrin erforderten, zitierten russische Nachrichtenagenturen Präsidialamtssprecher Dmitri Peskow am Mittwoch. Dabei werde in Betracht gezogen, dass die Ukraine bei ihren Angriffen tief in russisches Territorium hinein US-Langstreckenwaffen einsetzen könnte. Die Regierung in Kiew drängt die USA seit einiger Zeit, ihr zu erlauben, mit den von den Verbündeten an die Ukraine gelieferten Waffen auch Ziele weit im Inneren Russlands anzugreifen. „Es ist offensichtlich, dass die Ukrainer dies tun werden“, sagte Peskow der Agentur RIA Nowosti zufolge. „Wir berücksichtigen dies alles.“

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Russland hat bereits angekündigt, die Atomwaffendoktrin anzupassen, aber bisher keine Details genannt. Die Leitlinie sieht den Einsatz von Atomwaffen vor, falls Russlands Souveränität oder seine territoriale Integrität bedroht werden. Die Ukraine war am 6. August in die russische Oblast Kursk vorgestoßen.

US-Präsident Biden erklärte in einer am Dienstagabend veröffentlichten Mitteilung, er verurteile den „abscheulichen Angriff“ auf Poltawa „auf das Schärfste“. Bei dem am Dienstag erfolgten Angriff auf das zentralukrainische Poltawa waren nach ukrainischen Angaben mindestens 53 Menschen getötet und laut Staatspräsident Wolodymyr Selenskyj weitere 271 verletzt worden. Russische Raketen hatten ein Ausbildungszentrum des Militärs und ein Krankenhaus getroffen. Man werde Kiew weiterhin militärisch unterstützen, „einschließlich der Bereitstellung der Luftverteidigungssysteme und -fähigkeiten, die das Land zum Schutz seiner Grenzen benötigt“, so Biden.

Die endgültige Entscheidung über die Lieferung von US-Langstreckenraketen sei noch nicht getroffen worden, sie solle im Herbst mitgeteilt werden, teilten mehrere US-Insider laut Nachrichtenagentur Reuters am Dienstag mit. Die JASSM-Raketen (Joint Air-to-Surface Standoff Missiles) könnten tief ins Innere Russlands gelangen. Allerdings müsse die Regierung in Kiew noch mehrere Monate auf die Raketen warten, weil die USA vor einer möglichen Lieferung noch technische Probleme lösen müssten.

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Selenskyj hatte nach dem Angriff seine Forderung an die westlichen Verbündeten bekräftigt, seinem Land schnell neue Luftabwehrsysteme zu liefern und bereits gelieferte weitreichende Waffen für Angriffe auf russisches Territorium nutzen zu dürfen. Der ukrainische Verteidigungsminister Rustem Umjerow wurde indes am Mittwoch zu Gesprächen mit seinem deutschen Amtskollegen Boris Pistorius in Berlin erwartet. Laut der ukrainischen Nachrichtenagentur Ukrinform dürfte es in dem Gespräch auch um eine Stärkung der ukrainischen Luftabwehr sowie einen Ausbau der Kooperation beider Länder im Sicherheits- und Verteidigungsbereich gehen.

Nach Poltawa wurde Mittwoch früh auch die ukrainische Hauptstadt Kiew von russischen Luftangriffen getroffen. Die ukrainische Luftabwehr ist nach Angaben des Militärs im Einsatz, um die Angriffe abzuwehren. Augenzeugen berichteten von mehreren Explosionen am Stadtrand von Kiew, die auf den Einsatz von Luftabwehrsystemen hindeuten.

Gleichzeitig meldete die Armee einen Drohnenangriff auf die westukrainische Stadt Lwiw nahe der polnischen Grenze. Dabei seien mindestens sieben Menschen ums Leben gekommen, teilte der Bürgermeister der Stadt mit. Unter den Todesopfern befänden sich drei Kinder.

Russland nahm indes nach eigenen Angaben eine weitere Ortschaft nahe der strategisch wichtigen Stadt Pokrowsk im Osten der Ukraine ein. Das Verteidigungsministerium in Moskau erklärte am Mittwoch, die russische Armee habe das rund 30 Kilometer von Pokrowsk gelegene Dorf Karliwka „vollständig befreit“. Pokrowsk ist ein wichtiger Logistikstützpunkt der ukrainischen Armee. Seit Monaten weichen die ukrainischen Truppen vor einem russischen Vormarsch in der Region zurück.

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