Inhaftierter Wiener „Weihnachtsmann“ macht Nothilfe geltend

Im Zusammenhang mit einer Messerstecherei im Sigmund-Freud-Park in Wien-Alsergrund, bei der ein 54-Jähriger in der Nacht auf den 30. Juli lebensgefährlich verletzt wurde, bestreitet der Tatverdächtige den Tötungsvorsatz. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen ihn wegen versuchten Mordes. „Er wollte nur einem Freund helfen“, betonte seine Rechtsvertreterin Anita Schattner am Montag im Gespräch mit der APA.

Der 59-Jährige hatte sich Ende August freiwillig auf einer Polizeiinspektion gestellt, nachdem mit einem Foto, das ein Zeuge kurz vor der Tat im Sigmund-Freud-Park aufgenommen hatte, per medialer Veröffentlichung nach ihm gefahndet worden war. Aufgrund seines markanten weißen und wallenden Bartes – zu der Tat vernommene Zeuginnen und Zeugen bezeichneten den Verdächtigen infolge dessen übereinstimmend als „Weihnachtsmann“ – hatten ihn mehrere Personen, darunter sein ehemaliger Chef identifiziert.

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Fest steht, dass der 59-Jährige sich am 29. Juli mit einem Freund vor der Votivkirche traf, wobei die beiden dem Alkohol zusprachen. Zu vorgerückter Stunde tanzten sie zu der Musik mit, die eine Gruppe junger Burschen und Frauen abspielten, die sich in die Wiese gelegt hatten und feierten. Dann kam es zu einer Auseinandersetzung mit dem 54-Jährigen, wobei dieser zunächst auf den Freund des 59-Jährigen losgegangen sein dürfte. Letzterer ging dazwischen, er dürfte den 54-Jährigen per Kopfstoß in ein Gebüsch befördert haben.

Das spätere Opfer sei deswegen „sehr aggressiv“ gewesen, schilderte ein 21-jähriger Zivildiener – Teil der Gruppe der jungen Leute – später der Polizei: „Ich denke, das Opfer hat zuerst hingeschlagen.“ Der „Weihnachtsmann“ habe dann ein Messer gezogen und zugestochen. Ein 23-jähriger Elektriker erinnerte sich, er habe das ins Gebüsch geschubste Opfer noch hindern wollen, wieder auf den Kontrahenten loszugehen. Das sei ihm nicht gelungen, dieser sei „ziemlich aggressiv“ gewesen. Dann sei es zu den Stichverletzungen gekommen.

Der 54-Jährige wurde mindestens vier Mal im Brustbereich getroffen. Eine junge Ärztin, die zufällig in der Nähe war, leistete Erste Hilfe. Dank der funktionierenden Rettungskette und einer in einem nahe gelegenen Spital durchgeführten Not-Operation überlebte der Mann.

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Der Beschuldigte versichert, er habe seinem Freund helfen wollen, in der Auseinandersetzung mit dem 54-Jährigen hätten ihn dann aber seine Kräfte verlassen. Da habe er sein Klappmesser gezogen und in einem „reflexartigen Ablauf“ zugestochen, weil sich sein Gegner von der Waffe nicht einschüchtern habe lassen. „Ich habe in dem Moment nicht gedacht“, betonte der 59-Jährige in seiner Beschuldigteneinvernahme.

Auf die Frage, weshalb er überhaupt ein Messer bei sich hatte, verwies der Mann auf seinen langjährigen Beruf als Fiaker. Ein Fiaker müsse immer ein Messer einstecken haben, das sei „eine Fiakertradition“. Wenn ein Pferd stürze und sich dabei ins Geschirr verwickle, müsse man es nämlich rasch davon lösen. Dazu brauche es ein Messer. Obwohl er zuletzt keiner geregelten Beschäftigung mehr nachging, „fühle ich mich noch immer ein wenig als Fiaker“, bemerkte der 59-Jährige.