Israel weitet Bodeneinsätze im Libanon aus

Es soll sich um lokal begrenzte, gezielte Einsätze handeln © APA/AFP/KAWNAT HAJU

Die israelische Armee hat ihren Einsatz gegen die Hisbollah-Miliz auf den Südwesten des Libanon ausgeweitet. Die 146. Division der Armee habe bereits am Montag „gezielte“ Angriffe auf „Terrorziele“ und „Infrastruktur“ der Hisbollah im Südwesten des Libanon ausgeführt, erklärte die israelische Armee am Dienstag im Onlinedienst Telegram. Demnach sollen die Angriffe der israelischen Armee nun auch Stellungen der pro-iranischen Miliz an der libanesischen Mittelmeerküste treffen.

Die 146. Division sei die erste Reservedivision, die beim Einsatz gegen die Hisbollah im Libanon agiere, erklärte das Militär. Der Verband war zuvor im Gazastreifen und im von Israel besetzten Westjordanland im Einsatz.

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Die Armee rief zudem Zivilisten in der Küstenregion dazu auf, ihre Häuser zu verlassen. Bereits am Montag hatten die Streitkräfte angekündigt, ihren Einsatz auf am Meer gelegene Gebiete südlich des Flusses Al-Awali auszuweiten. Zudem erklärten sie auf israelischer Seite das Küstengebiet um die Kleinstadt Shlomi zum „militärischen Sperrgebiet“.

Beim Einschlag mindestens einer Rakete aus dem Libanon in Israels drittgrößter Stadt Haifa wurde unterdessen eine Frau leicht verletzt. Sie habe eine Splitterwunde an der Hand erlitten, erklärte der Rettungsdienst Magen David Adom auf der Plattform X. Die israelische Armee teilte mit, insgesamt seien bis zum Nachmittag 135 Raketen registriert worden, die auf Ziele im Norden Israels und vor allem in Haifa gerichtet gewesen seien. Die meisten der Geschoße seien abgefangen worden, einige aber auch in Vororten der wichtigsten Hafenstadt des Landes eingeschlagen.

Die Zeitung „Times of Israel“ sprach vom größten Raketenangriff auf die Stadt Haifa, seitdem die libanesische Schiitenmiliz Hisbollah vor einem Jahr mit dem Beschuss Nordisraels begann. Auf Videos, die die Zeitung veröffentlichte, waren Schäden an Häusern und Autos in dem nördlichen Vorort Kiryat Yam zu sehen.

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Fast zeitgleich hatte der Vizechef der Hisbollah, Naim Qassem, im Fernsehen betont, die islamistische Organisation sei weiter kampfbereit. Zuletzt hatte Israel der Hisbollah unter anderem mit der Tötung ranghoher Mitglieder schwere Schläge zugefügt.

Die Fähigkeiten der radikal-islamischen Organisation seien intakt, sagte Qassem in der im TV übertragenen Rede. Die Hisbollah habe einige „schmerzhafte Schläge“ einstecken müssen, aber sie habe diese hinter sich gelassen. Der Konflikt zwischen der Hisbollah und Israel sei ein Krieg, bei dem es darum gehe, „wer zuerst weint“, und die Hisbollah werde „nicht zuerst weinen“. Niemand solle denken, dass die Hisbollah ihre Positionen oder ihre Waffen aufgeben werde. Die Hisbollah unterstütze aber Bemühungen des libanesischen Parlamentspräsidenten Nabih Berri um eine Feuerpause. Details oder Bedingungen nannte Qassem nicht.

Die Hisbollah hatte einen Tag nach dem Hamas-Großangriff vom 7. Oktober 2023 mit Luftangriffen eine zweite Front gegen Israel eröffnet. Infolge der Angriffe mussten auf beiden Seite der Grenze zahlreiche Menschen ihre Häuser verlassen, allein auf israelischer Seite sind davon zehntausende Menschen betroffen.

Erklärtes Ziel der Angriffe gegen die Hisbollah ist es laut Israels Armee, die Nordgrenze zum Libanon zu sichern – und so von Evakuierungen betroffenen Menschen die Rückkehr in ihre Häuser im Norden Israels zu ermöglichen.

Israel hatte seit Ende September seine Angriffe gegen Hisbollah-Ziele verstärkt, dabei wurden Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah und andere hochrangige Kommandanten der Miliz getötet. Vor rund einer Woche gab Israel zudem den Beginn von „begrenzten und gezielten“ Bodeneinsätzen gegen die Hisbollah im Südlibanon bekannt.

Das israelische Militär hat keine Zahlen darüber veröffentlicht, wie viele seiner Soldaten im Libanon im Einsatz sind. Das Nachrichtenportal „Times of Israel“ berichtete, es seien „wahrscheinlich mehr als 15.000“ Soldaten.

Das Kinderhilfswerk UNICEF teilte unterdessen mit, es habe in den vergangenen Wochen beinahe 170 Tonnen medizinische Hilfsgüter für rund zwei Millionen Menschen in den Libanon gebracht, davon knapp 70 Tonnen allein in den vergangenen drei Tagen. Krankenhäuser seien aufgrund der Zunahme der Opferzahlen stark belastet, sagte der Leiter von UNICEF im Libanon, Edouard Beigbeder, einer Mitteilung zufolge. „Es werden dringend mehr medizinische Hilfsgüter benötigt, um sicherzustellen, dass Frauen und Kinder im Libanon die lebensrettende Versorgung erhalten, die sie brauchen.“

Infolge der Eskalation zwischen Israel und der Hisbollah-Miliz sind Hunderttausende Menschen aus dem Süden des Libanon geflohen. Beirut wird seit Tagen bombardiert, auch Wohngebiete sind betroffen. Israels Militär wirft der Hisbollah vor, Waffen unter Häusern zu verstecken. In der Bevölkerung herrschen Furcht und Verzweiflung wegen fehlender Unterkünfte und sicherer Zufluchtsorte.