NGOs fordern Klimafinanzierung mit „echter Unterstützung“

Finanzen stehen bei der UNO-Klimakonferenz in Baku klar im Zentrum © APA/AFP/VANO SHLAMOV

Die Finanzen stehen bei der UNO-Klimakonferenz in Baku, die am 11. November startet, klar im Zentrum. Es geht um die zukünftige Klimafinanzierung nach 2025 als Nachfolger auf die jährlich 100 Milliarden US-Dollar, die bisher an die Entwicklungsländer hätten fließen sollen. In einem Online-Pressegespräch hat die österreichische Allianz für Klimagerechtigkeit hier klare Fortschritte beim Klimagipfel in Aserbaidschan gefordert.

„Ein zentrales Problem der 100 Milliarden war, dass nie festgelegt wurde, was da eigentlich dazuzählt“, kritisierte hier Martin Krenn, Klimaexperte der Koordinierungsstelle der Österreichischen Bischofskonferenz (KOO) und Sprecher der „Allianz für Klimagerechtigkeit“. Zwar hätten die Industrieländer 2022 eine Zielerreichung mit über 116 Milliarden US-Dollar im Jahr 2022 für sich reklamiert, andere Staaten beziehen sich wiederum auf Studien, die darlegen, dass nur 35 Milliarden US-Dollar an „echter Unterstützung“ im selben Jahr geliefert wurden.

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Kritisch sieht Krenn die Haltung der EU, die vor der COP29 mit der Forderung aufhorchen ließ, dass nicht nur die historisch industrialisierten Länder für die Klimafinanzierung aufkommen sollten, sondern auch andere mittlerweile entwickelte Industriestaaten ihren Beitrag leisten müssten, insbesondere China oder reiche Golfstaaten. Das sei eine irreführende Diskussion, sagte Krenn, denn eine Ausweitung führe nicht zu einer substanziellen Erhöhung von Finanzleistungen, sondern zu Diskussionen, ob auch alle einen angemessenen Beitrag leisten.

Krenn ortete noch eine zweite Gefahr in dieser Debatte: „Wir haben im UNO-System etablierte Ländergruppen, die bei den Klimaverhandlungen, aber auch in anderen Systemen gemeinsam verhandeln und mit einer Stimme sprechen.“ Hier werden nun im Zuge der Klimafinanzierung versucht, neue Kategorien einzuführen, was enorme Auswirkungen auf das gesamte UNO-System hätte. Das sei keine Debatte, die man innerhalb von zwei Wochen ausreichend führen könne und die COP29 sei auch nicht der Platz, um das zu diskutieren.

Simon Bukenya aus Uganda von der Alliance for Food Sovereignity in Afrika betonte, dass der Kontinent am meisten unter den Auswirkungen der Klimakrise leidet und dass weit größere Beträge nötig seien als bisher, damit die Staaten ihre Klimaziele (NDCs) erreichen können. Auch die UNO geht davon aus, dass bis 2030 rund 2,4 Billionen US-Dollar jährlich in den Entwicklungs- und Schwellenländern benötigt werden. Daraus folgt, dass die Klimafinanzierung nach 2025, sie wird als New Collective Quantified Goal (NCQG), um ein Vielfaches über der bisherigen Summe liegen müsste. Finanziert werden könnte das nur mit Steuern für die reichsten Umweltsünder und einer umfassenden Reform des Finanzsystems, ergänzte Krenn.

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In einem offenen Brief, der auch von der österreichischen Umweltschutzorganisation Global 2000 unterzeichnet wurde, wurde ein Finanzierungsbeitrag von einer Billion Euro aus öffentlichen Zuschüssen gefordert. Geschätzt wird, dass die Kosten für Klimaschutzmaßnahmen ein bis zwei Billionen pro Jahr betragen, die Kosten für Anpassung 215 bis 387 Milliarden Euro und die Klimaschäden auf 447 bis 894 Milliarden Euro pro Jahr betragen werden. „Die Finanzierung von Klimalösungen ist ein essenzieller Baustein jeglicher weltweiter Strategie zur Eindämmung der Klimakrise“, sagte Johannes Wahlmüller, Klima- und Energiesprecher von Global 2000 in einem Statement gegenüber der APA. Ein Beitrag von Superreichen und die Besteuerung der Milliardengewinne von fossilen Energiekonzernen wären aus Sicht der NGO wichtige Maßnahmen.

An den bisher gezahlten Geldern übte Bukenya Kritik, denn hier handelte es sich oft um Kredite, die an strenge wirtschaftliche und politische Auflagen geknüpft gewesen seien, was die afrikanischen Länder in eine neue Abhängigkeitsebene brachte. Diese Sichtweise, die auch von der Menschenrechtsorganisation Südwind geteilt wird. Wer über Klimafinanzierung spreche, müsse auch über Klimaschulden sprechen, sagte deren Klimasprecherin Maria Hammer. Und die Verantwortung für die historische Klimaschuld liege eindeutig bei den Ländern des globalen Nordens.

Südwind forderte daher beim NCQG eine gerechte und bedarfsorientierte Klimafinanzierung. Diese müsse die Bedürfnisse der am stärksten betroffenen Communitys und Länder des globalen Südens in den Mittelpunkt stellen: „Und das in allen drei Bereichen: Anpassung, Klimaschutz und Ausgleich für Schäden und Verluste. Bei Klimafinanzierung geht es nicht nur um die Höhe der Summe, sondern auch um die Qualität.“ Es würden echte Zuschüsse benötigt und eine öffentliche Finanzierung statt neuer Kredite, um eine weitere Verschuldung dieser Staaten zu vermeiden.

Grundsätzlich geht es aber auch bei der 29. UNO-Klimakonferenz um das übergeordnete Ziel, die Klimakrise unter Kontrolle zu bekommen, unterstrich Reinhard Uhrig, Klimasprecher von WWF Österreich. Und auf einem guten Weg dahin ist man keineswegs, nachdem 2023 das heißeste Jahr der Messgeschichte geworden ist. Alle nationalen Klimapläne (NDCs) eingerechnet, bewegt sich die globale Erwärmung auf einen katastrophalen Wert von 2,6 Grad Celsius bis zum Ende des Jahrhunderts zu. Trotzdem sei es „immer noch möglich, einen 1,5 Grad-Pfad der Erderhitzung einzuhalten.“ Zudem gelte es nach der COP28 in Dubai den dort beschlossenen Ausstieg aus fossilen Energieträgern mit klaren Ausstiegsplänen und -fristen weiter zu verfolgen.