„Gemeinsam kommt man auch zum Gipfel“

Für ÖVP-Klubchef Wöginger ist das Koalitionsklima gut, das zeige auch die Corona-Bewältigung

Ob am Rednerpult im Parlament (oben) oder in Diskussionen abseits des Hohen Hauses: Dynamik gehört zu jedem Auftritt von ÖVP-Klubobmann August Wöginger.
Ob am Rednerpult im Parlament (oben) oder in Diskussionen abseits des Hohen Hauses: Dynamik gehört zu jedem Auftritt von ÖVP-Klubobmann August Wöginger. © Parlament/Zinner

Nach wie vor gut sei das Koalitionsklima zwischen ÖVP und Grünen, sagt ÖVP-Klubobmann August Wöginger — das zeige auch die Bewältigung der Corona-Pandemie. Die Pflegereform sei auf gutem Weg, ein degressives Arbeitslosengeld könnte ein „Lösungsansatz“ sein.

VOLKSBLATT: Wie gefällt Ihnen dieses Bild: ÖVP und Grüne wandern auf einem schmalen Berggrat, und beim geringsten Fehltritt des einen oder anderen droht der Absturz.

KO WÖGINGER: Dem kann ich nicht viel abgewinnen. Bei einer Bergtour muss man zwar immer vorsichtig sein, aber wenn man den Weg gemeinsam nach oben geht, kommt man auch miteinander zum Gipfel und kann den Ausblick genießen.

Anders gefragt: Wie steht’s um das Koalitionsklima?

Aus der Sicht des Klubobmannes kann ich nur sagen, das Koalitionsklima ist nach wie vor gut. Ich pflege mit Klubobfrau Sigrid Maurer von Anfang an eine sehr gute Zusammenarbeit auf Augenhöhe. Es ist nicht immer einfach, das Beste aus beiden Welten zu vereinen, aber die Bilanz nach eineinhalb Jahren kann sich sehen lassen. Gerade im Hinblick auf die Corona-Bewältigung kann man sagen: Da muss die Zusammenarbeit funktionieren, sonst wäre das nicht gelungen.

Wie wird man an der politischen Herbstarbeit merken, dass es weiter um das Beste aus beiden Welten geht?

Die Schwerpunkte für den Herbst wurden beim Sommerministerrat gesetzt. Das beginnt bei der ökosozialen Steuerreform, geht über Maßnahmen für den Arbeits- und Wirtschaftsstandort und die Digitalisierung an den Schulen bis hin zu den Investitionen in den Klimaschutz sowie die weitere Bewältigung der Corona-Pandemie. Auf der Tagesordnung im Herbst haben wir auch das ganz wichtige Thema Pflege.

Stichwort Pflege — es gibt wieder einmal eine Finanzierungsdebatte. Was braucht es?

Die Finanzierung ist ein wesentlicher Punkt in der gesamten Pflegereform. Wichtig ist dabei, dass die ganzen Finanzströme gebündelt werden und dass es Gespräche mit den Ländern und den Gemeinden gibt, die neben dem Bund einen wesentlichen Beitrag leisten. Natürlich kostet die Pflege Geld, aber es ist wichtig, auch in Zukunft die hohe Qualität und ausreichend Personal sicher zu stellen. Da sind wir auf einem guten Weg.

Was ist Ihr politisches Fazit aus der Corona-Pandemie?

Die Regierungsparteien, allen voran Bundeskanzler Sebastian Kurz, haben alles unternommen, damit wir diese Krise bestmöglich und so schnell wie möglich bewältigen können. Es gibt aber kein Handbuch oder keine Checkliste für die Bewältigung einer Pandemie, weil wir eine solche in Österreich seit mehr als 100 Jahren nicht mehr gehabt haben. Natürlich lernt man auch dazu, aber ich sage schon: Österreich ist gut durch diese schwierige Zeit gekommen.

Wo hat man dazu gelernt?

Als im vergangenen Herbst die sogenannte zweite Welle über uns und viele andere hereingeschwappt ist, hat man gesehen, wie wichtig die Impfung ist.

Verstehen Sie, dass sich viele Menschen nicht impfen lassen wollen?

Ehrlich gesagt nein — ausgenommen jene, die sich aus gesundheitlichen Grünen nicht impfen lassen können. Impfen ist die einzige Möglichkeit, dass wir unser normales Leben wieder zurückbekommen. Wer auf Safari fährt, lässt sich dafür eine Vierfach-Impfung geben und liegt mit Fieber drei Tage im Bett. Ich richte daher einen Appell an die Bevölkerung und da vor allem an die Jüngeren, sich impfen zu lassen.

Vereine haben unter der Pandemie besonders gelitten, viele fürchten um den Nachwuchs. Wie kann man helfen?

Die finanzielle Unterstützung des Staates für die gesamte Vereinslandschaft kann sich sehen lassen. Als Innviertler sehe ich, dass die Vereine Gott sei Dank unter Einhaltung aller Corona-Regeln wieder ihre Aktivitäten starten — davon konnte ich mir beim Bezirks-Feuerwehrwettbewerb selbst ein Bild machen. Es gibt unter Einhaltung der Corona-Maßnahmen wieder Kirtage, Sportfeste, Frühschoppen und daher auch ein Dank an alle Ehrenamtlichen und Freiwilligen, dass sie sich wieder engagieren. Das ist für die Gesellschaft ganz wichtig.

Die Wirtschaft sucht händeringend nach Arbeitskräften. Muss es seitens des AMS mehr Druck geben?

Wichtig ist, dass man von allen Menschen, die arbeiten können, auch verlangt, dass sie einer Tätigkeit nachkommen. Wenn die Arbeitswilligkeit nicht gegeben ist, muss sanktioniert werden.

Ist ein degressives Arbeitslosengeld eine Möglichkeit, diesbezüglich Nachdruck zu verleihen?

Es kann ein Lösungsansatz sein, dass es zu Beginn ein höheres Arbeitslosengeld gibt, das dann — als Anreiz, Arbeit anzunehmen — weniger wird. Das wichtigste ist, die Menschen wieder in Beschäftigung zu bringen, dafür kann die Arbeitswilligkeit kein Kriterium sein. Man muss ein degressives Arbeitslosengeld aber in ein Gesamtkonzept mit aufnehmen. Das steht nicht im Regierungsprogramm, aber es gibt eine Bereitschaft von beiden Parteien, hier tätig zu werden. Es müsste jedenfalls einen Leistungsanreiz zur Beschäftigung bieten.

Im ÖAAB läuft ein Zukunftsprozess, man sucht Antworten auf die neue Arbeitswelt. Wie weit ist man?

Der Prozess ist sehr weit fortgeschritten, er wurde von den Delegierten und Funktionären sehr gut angenommen. In jedem Bundesland ist eine inhaltliche DNA-Gruppe —DNA steht für „Die neuen Antworten auf die neue Arbeitswelt“ —angesiedelt, in Oberösterreich etwa unter der Federführung von ÖAAB-Landesobfrau LH-Stv. Christine Haberlander zum Thema Gesundheit, Pflege und Sport. Wir werden das im September zum Abschluss bringen, am 2. Oktober wird das DNA-Programm dann präsentiert.

Welches Signal erwarten Sie sich vom ÖVP-Bundesparteitag, der am 28. August stattfindet?

Vor allem das Signal jenes Zusammenhalts und jener Geschlossenheit, wie ich sie seit Jahren in der Volkspartei nicht mehr erlebt habe und das Signal einer vollen Unterstützung für Bundesparteiobmann Sebastian Kurz. Er hat in dieser schwierigen Zeit bewiesen, dass er das Land mit ruhiger und sicherer Hand führt.

Wie gefällt Ihnen der Schwenk der SPÖ in der Asylpolitik?

Das ist total unglaubwürdig von Parteivorsitzender Pamela Rendi-Wagner. Ich fordere die SPÖ auf, den Parteitagsbeschluss über den Abschiebestopp nach Afghanistan zurückzunehmen

Ende September wird in Oberösterreich gewählt. War es schwer, in Ihrem Heimatbezirk Schärding ausreichend Kandidaten für die Gemeindeebene zu finden?

Es war eine intensive Zeit, denn es ist nicht selbstverständlich, dass sich jemand etwa für das Amt des Bürgermeisters zur Verfügung stellt. Ich bin daher dankbar, dass wir für alle 30 Gemeinden einen OÖVP-Spitzenkandidaten oder eine Spitzenkandidatin gefunden haben. Es gibt einen großen Generationswechsel, weil von 22 OÖVP-Bürgermeistern 13 schon gewechselt haben oder nicht mehr antreten werden. Aber ich bin guter Dinge, dass wir uns gut schlagen werden.

Auf Landesebene schaut es nach einem Dreikampf zwischen FPÖ, SPÖ und Grünen um ein Koalitionsabkommen mit der OÖVP aus. Welche Farbe gefällt Ihnen am besten?

Das wichtigste ist, dass Landesparteiobmann und Landeshauptmann Thomas Stelzer mit dem größtmöglichen Vertrauen ausgestattet wird. Er hat bewiesen, dass er Oberösterreich als das Industrie- und Arbeitsbundesland Nummer 1 in eine gute Zukunft führen kann. Aber zuerst wird gewählt, dann gezählt und dann schauen wir, welche Koalition es wird.

Mit ÖVP-Klubobmann AUGUST WÖGINGER sprach Markus Ebert

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