ORF bleibt auch 2024 ein parteipolitisches Reizthema

Raab will ruhig an Gremienreform arbeiten — SPÖ und Neos fordern mehr Tempo — FPÖ stößt sich an Abgabe

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Der staatliche Rundfunk bleibt auch nach der Einführung des ORF-Beitrags für alle Haushalte ein politisches Reizthema. Medienministerin Susanne Raab (ÖVP) will sich für die ORF-Gremienreform nun mehr Zeit nehmen. „Es geht mir nicht darum, etwas zu schieben“, das Thema müsse allerdings von verschiedenen Seiten betrachtet werden, sagte sie im APA-Interview am Mittwoch. Eine Neuregelung ist bis März 2025 fällig, könnte also auch Aufgabe einer neuen Regierung werden.

Für die Notwendigkeit der ORF-Gremienreform hat, ebenso wie für jene der schon umgesetzten ORF-Reform, der Verfassungsgerichtshof (VfGH) gesorgt. Dieser erkannte die Zusammensetzung von ORF-Stiftungs- und -Publikumsrat für teilweise verfassungswidrig — vor allem wegen des übermäßigen Einflusses der Regierung bei deren Besetzung. Das Gesetz gebe es seit den 1970er-Jahren, jetzt habe es der VfGH in Grundzügen bestätigt und Teile davon aufgehoben.

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Man prüfe derzeit den Regelungsbedarf, es sei legitim, auch einmal nachzudenken, sich mit Experten zu beraten und keinen Schnellschuss abzugeben, kündigte Raab an. „Wenn wir sachliche Lösungen erarbeiten wollen, müssen wir uns eine gewisse Zeit nehmen, um Dinge aus unterschiedlichen Perspektiven zu betrachten.“ Im Herbst 2024 stehen Neuwahlen an.

Genau das Gegenteil, also mehr Tempo, fordern hingegen große Teile der Opposition. SPÖ-Mediensprecherin Muna Duzdar fordert eine rasche Umsetzung des VfGH-Urteils, die für mehr Unabhängigkeit und Transparenz sorgt. „Das will die ÖVP aber sichtlich nicht, weil man eine Einigung mit den Grünen nicht zusammenbringen will und kann. Raab hofft offenbar auf eine schwarz-blaue Regierung, in der ÖVP und FPÖ eine Politik gegen die Unabhängigkeit des ORF umsetzen können“, mutmaßte sie in einer Aussendung. Im Zuge der Gremienreform brauche es u. a. weniger Kanzlereinfluss und mehr Publikum in einem aufgewerteten Publikumsrat.

„Schluss mit Stillstand, her mit der Entpolitisierung“, hieß es am Mittwoch auch von den Neos. Sich nach der ORF-Digitalnovelle nun auch bei der Gremienreform zurückzulehnen sei „eine Farce“, kritisiert Neos-Mediensprecherin Henrike Brandstötter Ministerin Raab ganz direkt. Es brauche nun einen breiten Prozess unter starker Einbindung der Zivilgesellschaft. „Dem ORF kommt in der österreichischen Medienlandschaft eine Sonderstellung zu — und die müssen wir im 21. Jahrhundert gemeinsam neu definieren“, so der Appell.

Die FPÖ stößt sich hingegen nach wie vor an der neuen ORF-Haushaltsgebühr, zur Thematik Gremienreform äußerte man sich nicht. „Kommt die FPÖ in Regierungsverantwortung, werden wir die Haushaltsabgabe wieder abschaffen“, bekräftigte FPÖ-Chef Herbert Kickl. Für all jene, die noch nicht wissen, ob ihr Haushalt gebührenbefreit ist, richtete die FPÖ die Webseite www.orf-steuer.help ein. Dort stellt die Partei auch einen Antrag auf Stundung und Ratenzahlung des ORF-Beitrags zur Verfügung.