Italien denkt an Sterilisierung von Bären im Trentino

Tierschutzverbände dafür

Nach den wiederholten Bärenangriffen auf Menschen im norditalienischen Trentino denkt die Regierung in Rom über Sterilisierungsprogramme für Bären nach. Dies berichtete der italienische Umweltminister Gilberto Pichetto Fratin in einer Fragestunde im Senat am Donnerstagnachmittag. Die Idee stößt zum Teil auf Kritik, die Tierschützer sind dafür.

„Das Forschungszentrum Ispra prüft derzeit die technische Durchführbarkeit von Programmen zur Sterilisierung von Bären im Trentino, die als Alternative zur reinen selektiven Tötung in Betracht gezogen werden könnten“, so der Minister.

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„Potenziell gefährliche Verhaltensweisen der Bären sind oft die Folge von menschlichem Verhalten, das nicht an die Anwesenheit der Tierart in dem Gebiet angepasst ist. In jedem Fall müssen die Interventionsstrategien alle möglichen Maßnahmen berücksichtigen“, erklärte der Minister weiter.

Die Worte des Ministers lösten kritische Reaktionen aus. „Die Sterilisation von Bären ist offen gesagt eine absurde Idee. Kein Wildtierforscher wird sie jemals befürworten, zum einen, weil es unmöglich ist, Dutzende von Bären in kurzer Zeit zu fangen, und zum anderen, weil es kein getestetes Verhütungsmittel gibt, das Garantien dafür bietet, dass es bei wilden Arten funktioniert“, so der Südtiroler Senator und stellvertretende Vorsitzende der Autonomie-Fraktion, Luigi Spagnolli, in einer Pressemitteilung.

„Es bleibt das grundsätzliche Problem, dass wir nicht wissen, wie Bären, die einer solchen Behandlung unterzogen werden, reagieren könnten. Es ist nicht auszuschließen, dass sie aggressiv werden könnten. Ganz zu schweigen von den Qualen, denen sie ausgesetzt wären, was jedem Prinzip des Tierschutzes zuwiderläuft. Das scheint mir ein absurdes Projekt zu sein, für das uns die ganze Welt auslachen würde“, so Spagnolli abschließend.

Anders sehen die Lage die Tierschützer. „In einem Szenario, das durch eine wachsende Intoleranz gegenüber der Bären und immer häufigeren Wildereiphänomenen gekennzeichnet ist, wobei in den letzten zwei Jahren 13 Tiere getötet wurden, können wir nur unsere bedingte Anerkennung für die Worte des Ministers ausdrücken“, kommentierte der Tierschutzverband ENPA in einer Presseaussendung.

Der Verband bekräftigte gegenüber dem Minister die Forderung, einen runden Tisch zum Thema Bären einzuberufen, an dem alle Interessengruppen beteiligt werden sollen, allen voran die Tierschutzverbände. „Diese wurden bisher bewusst von jedem Konfrontations- und Vermittlungsversuch ausgeschlossen“, kritisierte ENPA.

Das Trentino hatte zuletzt einen Gesetzesentwurf gebilligt, mit dem die Population der Bären eingedämmt werden soll. Der Entwurf sieht die Möglichkeit vor, bis zu acht Tiere pro Jahr zu töten. Laut jüngsten Schätzungen beläuft sich die Zahl der Bären in dem Gebiet auf mehr als 100 Exemplare. Im Juli war ein französischer Urlauber von einer „Problembärin“ angegriffen und verletzt worden. Das mit dem Code KJ1 identifizierte Tier wurde kurz darauf erschossen.

Nach Angaben der Provinz Trient hat die Anzahl der Bären in der Region seit Beginn des EU-Ansiedlungsprojekts „Life Ursus“ vor 25 Jahren massiv zugenommen. Statt wie geplant 50 haben sich etwa 100 Exemplare angesiedelt. Tierschützer fordern immer wieder, Menschen für die wilden Tiere zu sensibilisieren oder Wildtierkorridore einzurichten.