Handelskammer machte gegen Fahrverbote mobil

Die Handelskammern von Bozen und Trient sowie „Uniontrasporti“, eine In-House-Gesellschaft der italienischen Handelskammern, haben am Dienstag gegen die Tiroler Lkw-Fahrverbote mobil gemacht. Sie legten eine Studie vor, die belege, dass die Maßnahmen wie das Nachtfahrverbot, das sektorale Fahrverbot und das Wochenendfahrverbot einen wirtschaftlichen Schaden von 251,6 Mio. Euro jährlich für italienische Unternehmen verursachen. Eine Abfuhr wurde dem Lkw-„Slotsystem“ erteilt.

Bei der Studie seien alle Vor- und Nachteile berücksichtigt worden, hieß es bei einer Pressekonferenz in Bozen. Unterstrichen wurde, dass Tiroler Transportunternehmen Vorteile hätten, da der Ziel- und Quellverkehr von den Maßnahmen ausgenommen ist. Tiroler Frächter seien dabei sehr kreativ und würde lange Strecken aufteilen. So würden aus einer Langstrecke zwei kürzere mit Quell- und Zielverkehr in Tirol. Das verschaffe diesen Unternehmen Vorteile. Die Tiroler Maßnahmen seien jedenfalls „illegal und schädlich“.

Die Verantwortlichen betonten, dass man die Ziele teile, nicht aber die „einseitigen Maßnahmen“. „Wir sind für die Umwelt, die Verlagerung des Verkehrs von der Straße auf die Schiene, eine Verlängerung des Schienennetzes sowie eine Vielzahl anderer Maßnahmen, aber bei Gleichbehandlung und unter Einhaltung des EU-Rechtes“, sagte Michl Ebner, Präsident der Handelskammer Bozen. Betont wurde zudem, dass sich die Luftwerte seit 2020 verbessert hätten und damit die Voraussetzungen für die Tiroler Fahrverbote nicht mehr gegeben seien. Das Nachtfahrverbot widerspreche zudem der Logik, den Verkehr besser zu verteilen und damit die Auswirkungen zu verringern. Zudem würden die Verbote das Problem nicht lösen, sondern nur verlagern.

Europarechtler Peter Hilpold von der Universität Innsbruck sah anderweitig einen weiteren Verstoß gegen EU-Recht. Dies betreffe die Beihilfen für die sogenannte Rollende Landstraße (ROLA) auf der Strecke Wörgl-Brennersee. Bezüglich der ROLA sprach man sich zudem für längere Strecken aus. Die lediglich 67 Kilometer lange ROLA von Wörgl bis Brennersee binde unnötig Bahnkapazitäten für Langstreckentransporte.

Hilpold übte hinsichtlich der gesamten Transitproblematik heftige Kritik an der EU-Kommission. Diese sollte nicht nur Schiedsrichter, sondern Garant für die Einhaltung der Regeln sein, sei stattdessen aber seit Jahren inaktiv und versuche nicht, den Konflikt zwischen zwei Mitgliedsstaaten zu schlichten. Der Weg zum Europäischen Gerichtshof (EuGH) sollte nur der letzte Ausweg sein. Diesen hatte der italienische Europaparlamentarier Paolo Borchia (Lega) in seiner Wortmeldung angekündigt. Italien werde den gerichtlichen Weg einschlagen. Der zuständige Minister, Matteo Salvini (Lega), sei dazu entschlossen. Borchia betonte aber, dass man auch weiterhin verhandlungsbereit bleibe.

Eine Abfuhr erteilten die Anwesenden dem sogenannten Lkw-„Slot-System“ auf der Brennerachse. Handelskammerpräsident Eber erklärte, dass die Handelskammern und die Frächtervereinigungen in die Erstgespräche zwar involviert worden seien, dass die Forderung, nicht nur den Warenverkehr sondern auch den Personenverkehr in das System einzubeziehen, aber ignoriert worden seien. „Das Slot-System ist eine Idee, ist aber weder rechtlich noch praktisch anwendbar“, meinte Eber. Er unterstrich, dass die Zuständigkeit dafür bei den Staaten und nicht bei den Ländern liege und bezweifelte die Anwendbarkeit, da sich der Verkehr auf der Straße aufgrund von Staus und Unfällen nicht immer so genau planen lasse.

Zuletzt war es zu einem „Gipfel“ zwischen Tirol, Bayern und Südtirol in Kufstein gekommen, bei dem eine politische Absichtserklärung für ein gemeinsames digitales Verkehrsmanagement am Brenner, eben jenes „Slotsystem“ mit buchbaren Lkw-Fahrten, verabschiedet wurde. Dafür braucht es aber die Zustimmung der Nationalstaaten. Deutschland zeigte sich sehr reserviert, Italien ablehnend. Salvini beharrte bisher darauf, dass zuvor die transiteinschränkenden Maßnahmen Tirols aufgehoben werden müssen, was wiederum das Bundesland ablehnt.

Besonders in den vergangenen Monaten waren die Wogen rund um den überbordenden Transitverkehr wieder hochgegangen. Verkehrsminister Salvini agitiert beständig mit Drohgebärden und heftiger Kritik gegen die Tiroler Anti-Transit-Maßnahmen an. Er forderte die EU-Kommission sogar offiziell auf, deshalb ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich einzuleiten. Seinen deutschen Amtskollegen Volker Wissing (FDP) hatte er mit im Boot, was die Kritik an Fahrverboten und transiteinschränkenden Maßnahmen betrifft.

Das könnte Sie auch interessieren