Schadenersatzhilfe in NÖ läuft: Bereits 15 Mio. Euro überwiesen

Mehr als 400 Gemeinden waren und sind betroffen

Situation in Atzenbrugg © APA/HELMUT FOHRINGER

Die Schadenersatzhilfe für Hochwasseropfer durch das Land Niederösterreich ist laut Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner und LH-Stellvertreter Stephan Pernkopf voll angelaufen. Innerhalb weniger Tage seien bereits 15 Millionen Euro an betroffene Landsleute und Firmen überwiesen worden, teilten die ÖVP-Politiker am Freitag mit. Anträge, die beim Amt der NÖ Landesregierung einlangten, würden oft noch am selben Tag fertig bearbeitet und zur Auszahlung gebracht.

„Mehr als 400 niederösterreichische Gemeinden waren und sind von den Unwettern betroffen, über 87.000 Einsatzkräfte standen und stehen im Einsatz. Die Schäden sind verheerend“, sagte Pernkopf. Mittlerweile seien Auszahlungen in mehr als 500 Fällen erfolgt.

Lesen Sie auch

Mikl-Leitner widmete sich auch dem „Frust der Pendler“ den sie „verstehe“. Seit der Hochwasser-Katastrophe würde der Weg zur Schule oder in die Arbeit für viele Menschen in Niederösterreich, die auf die Weststrecke der Bahn angewiesen seien, einer Odyssee gleichen.

„Nicht nur, dass sich ihre Fahrtwege durch den Ausfall der ‚neuen‘ Westbahnstrecke erheblich verlängert haben, das Ersatzangebot auf der alten Strecke ist meist stark verspätet und das reduzierte Angebot deckt nicht annähernd den Bedarf. Tausende Niederösterreicherinnen und Niederösterreicher merken es jeden Tag.“

Mehr Anstrengungen seitens von ÖBB eingefordert

Pendlerinnen und Pendler würden verstärkte Anstrengungen seitens der Bundesbahnen einfordern, „um für einen akzeptablen Ersatz zu sorgen. Denn die Straßen sind frei“, so Mikl-Leitner. Die ÖBB müssten „für einen adäquaten Ersatz sorgen“, solange die „neue“ Westbahnstrecke nicht passierbar ist.

Rasche Verbesserungen forderte am Freitag auch LH-Stellvertreter Udo Landbauer (FPÖ): „ÖBB, NÖVOG und VOR sind hier am Zug, damit Pendler verlässlich und in annehmbarer Zeit zur Arbeitsstätte gelangen können.“

Umgehend gelöst werden müsse zudem das „Informationschaos“ bei der Öffi-Auskunft. Es herrsche breite Unsicherheit und Verwirrung, weil Online-Routenplaner und Fahrplan-Apps teils aktuell nicht existente Verbindungen anzeigen würden, hieß es in einer Aussendung.

Die ÖBB warben am Freitagnachmittag um Verständnis. Die 500 Mitarbeiter starken Einsatztrupps würden nach dem „Verkehrsinfarkt auf der wichtigsten Strecke“ im österreichischen Eisenbahnnetz „Tag und Nacht am Wiederaufbau“ arbeiten, sagte ein Sprecher zur APA. Die Signale aus der Politik und der Bevölkerung würden aufgenommen, versicherte er.

Im von der Hochwasser-Katastrophe betroffenen Abschnitt der „neuen“ Westbahnstrecke seien u.a. 125 Kilometer Gleise und 67 Weichen beschädigt, wobei alle Weichenantriebe getauscht werden müssten. In Mitleidenschaft gezogen seien weiters auch 30 Lifte, 34 Schaltanlagen sowie Anlagen für die Tunnelsicherheit. Im Bahnhof Tullnerfeld stehe nach wie vor Wasser. Der 2,5 Kilometer lange Tunnel Atzenbrugg sei ausgepumpt und als „zerstört“ anzusehen.

Hilfe des Landes Niederösterreich wie des VOR würde gern angenommen, sagte der Sprecher weiter. Stünden Buslenker zur Verfügung, „können wir den Schienenersatzverkehr sicher verstärken und verbessern“. Für die S40 und die S50 gebe es seit (dem heutigen) Freitag einen Halbstundentakt.

Was den Güterverkehr angeht, wiesen die ÖBB darauf hin, dass die Strecke von Tulln über Tullnerfeld nach Herzogenburg ab Samstag um 8 Uhr freigegeben werde. Damit könnten zu den Zügen auf der „alten“ Weststrecke in der Nacht zusätzliche Gütergarnituren auch tagsüber auf der Donau-Achse fahren.

Diese Lösung bringe für den Güterverkehr bis zu 75 Prozent der üblichen Kapazitäten statt der bisherigen 25 Prozent. Damit sei „die Versorgungssicherheit der österreichischen und europäischen Industrie weiterhin gesichert“. Die ÖBB baten um „Verständnis, dass durch die aktuelle Lage vermehrt Güterzüge auch in der Nacht auf erwähnten Strecken unterwegs sein werden“.

Judith Engel, Vorständin der ÖBB-Infrastruktur AG, hatte am Montag betont, dass die Verbindung im Abschnitt Wien – St. Pölten über Tullnerfeld noch monatelang nicht benützbar sein werde. Für die Bundesbahnen sei ein „mindestens dreistelliger Millionenbetrag“ an Schaden entstanden. Der Bahnhof Tullnerfeld und der Tunnel Atzenbrugg seien besonders stark getroffen worden. Das Jahrhunderthochwasser habe Jahrhundertschäden hinterlassen.

Wasser aus den Tunneln gepumpt

Das Wasser ist laut ÖBB mittlerweile aus den Tunneln gepumpt worden und das Schadensausmaß wird langsam sichtbar. Die technischen Bahnanlagen, „die es braucht, damit Züge fahren können“, seien hochkomplex und teilweise stark beschädigt. Ein Beispiel: Im 2,5 Kilometer langen Atzenbrugger Tunnel auf der „neuen“ Weststrecke würden die Bundesbahnen nach einer ersten Begutachtung davon ausgehen, „dass die komplette elektrische Einrichtung, das Notfallsystem und die Entlüftungsanlage erneuert werden müssen“.

Verwiesen wurde auch auf weitere Schienenersatzverkehrsangebote, die vor allem für Pendlerinnen und Pendler im Raum Tullnerfeld mehr Kapazitäten bringen sollen. So wird etwa seit (dem heutigen) Freitag die Verbindung Tulln – Tullnerfeld – St. Pölten in der Hauptverkehrszeit (6 bis 8.30 Uhr und 14 bis 18.30 Uhr) auf zwei Autobusse pro Stunde verstärkt.