Meinung

von Markus Ebert

Das Mittel gegen Rechts: Sagen, was ist und die Mitte stärken

Kommentar zur EU-Wahl

EU-weit sitzen derzeit insbesondere Politiker, Polit-Analysten, linke Meinungsmacher und natürlich viele EU- Bürger wie das Kaninchen vor der Schlange – in dem Fall vor dem Ergebnis der EU-Wahl, die dem EU-Parlament eine massiv gestärkte Rechte bescheren kann.

Wenn es denn so kommt, und die Prognosen deuten darauf hin, dann kennt man jedenfalls einen Grund für das Wählerverhalten schon: Die Migrations- und Asylpolitik. Und zwar nicht nur auf europäischer Ebene, sondern auch jene Form von Migrations- und Asylpolitik, die insbesondere seit dem Jahr 2015 einzelstaatlich betrieben wurde. Immerhin sagten zuletzt laut Market-Umfrage 56 Prozent der Österreicher, dass für sie eine einheitliche Politik in dieser Frage ganz oben rangiert.

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Dass hier keine einheitliche Linie existiert, hat einen einfachen Grund: In politisch linken Gefilden und der darum angesiedelten sogenannten Zivilgesellschaft war allzu lange alles verpönt, was nach konsequentem Durchgreifen gegen Asylmissbrauch roch.

Wobei, das sei bewusst betont: Es ist auch ein Missbrauch, wenn man als Wirtschaftsflüchtling unter den Schutzmantel des  Asylrechts schlüpft. Seit Jahren gab es zuhauf Demos und Lichtermeere gegen rechtlich begründbare Abschiebungen, auch aussichtslose Asylverfahren wurden mit tatkräftiger Unterstützung bestimmter Kreise bis zum St. Nimmerleinstag hinausverzögert, die Beteiligung von Asylwerbern an Straftaten wurde tunlichst heruntergespielt und zu schlechter Letzt stellt sich mehr und mehr heraus, dass keine hochqualifizierten Facharbeiter, sondern Analphabeten ins Land (und damit in die EU) drängen.

In dieser Gemengelage haben rechte Parteien – wie in Österreich die FPÖ – alles auf eine Karte gesetzt: Schotten dicht, Ausländer raus.

Das ist naturgemäß nicht die Lösung der Probleme, aber es klingt verständlich, weil simpel, für begründete argumentative Zwischentöne muss da  gar kein Platz sein. So hat man Rote und Grüne samt ihrer assoziierten  Zivilgesellschaft vor sich hergetrieben – so lange, bis nun selbst dem deutschen SPD-Kanzler Olaf Scholz und in seinem Gefolge der österreichischen SPÖ die gutmenschliche Hutschnur platzte.

Wie sagte doch der damals neue SPÖ-Chef Andreas Babler vor exakt einem Jahr zum Thema Asyl: „Da regiert oft der Populismus, Migrationsfragen sind ein politisches Kampfinstrument“.  Mit ihrem nunmehrigen Abschiebe-Schwenk gestehen die Sozialisten ein, dass sie bisher falsch gelegen sind. Und sie bestätigen auch, dass das Verschließen der Augen kein taugliches politisches Mittel im Kampf gegen Probleme ist.

Hätten sich mehr Politiker und Meinungsbildner an Spiegel-Gründer Rudolf Augstein gehalten – „Sagen, was ist!“ -, dann müsste die Angst vor dem europäischen Rechtsruck wohl nicht ganz so groß sein. Als Lehre kann man das jedenfalls schon vor dem Schließen der Wahllokale aus dieser EU-Wahl ziehen. Und nachdem nach der Wahl auch vor der Wahl ist, lautet der Auftrag auch: Stärkt die Mitte, denn nur das drängt die Extremen möglichst an den Rand.