Drei Tote bei Kämpfen im Westjordanland

Israelische Armee geht in Jenin vor © APA/AFP/RONALDO SCHEMIDT

Bei Zusammenstößen von Israels Armee mit bewaffneten Palästinensern hat es am Samstag im von Israel besetzten palästinensischen Westjordanland drei Tote gegeben. In Jenin starb ein israelischer Soldat bei einem Schusswechsel im Zuge einer Razzia gegen Hamas-Angehörige. Zuvor hatte das israelische Militär die Tötung zweier Angreifer vermeldet. Einer sei in eine israelische Siedlung eingedrungen. Der andere habe Soldaten attackiert, nachdem sein eigenes Fahrzeug explodiert war.

Ein weiterer Soldat sei in Jenin zudem schwer verletzt worden, teilte das Militär weiters mit. Die Truppen stießen demnach bei einer Razzia auf zwei bewaffnete Männer, die nach Armee-Angaben der islamistischen Hamas angehörten. Während eines Schusswechsels mit ihnen seien die beiden getötet worden.

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Das Gesundheitsministerium in Ramallah bestätigte, nach den Zusammenstößen von den israelischen Behörden über zwei getötete Palästinenser informiert worden zu sein. Ihre Leichen befinden sich demnach in der Obhut der Armee. Die Hamas bezeichnete einen der beiden als Mitglied der Al-Qassam-Brigaden, dem militärischen Arm der Terrororganisation. Seit Mittwoch führt es eine Offensive gegen militante Gruppen im Westjordanland. Israels Armee setzte indes ihren Einsatz im Gazastreifen fort.

Die Gewalt dort, die bereits vor Beginn des Krieges im Gazastreifen vor fast einem Jahr zugenommen hatte, hat sich in jüngster Zeit verschärft. Israel hat seine Einsätze gegen militante Gruppen in dem von der gemäßigten Fatah des palästinensischen Präsidenten Mahmoud Abbas regierten Gebiet verstärkt. Zugleich gibt es dort immer mehr massive Übergriffe jüdischer Siedler auf Palästinenser – meist im Stil von Selbstjustiz.

„Terroristen haben vor kurzem versucht, einen Wachmann am Eingang zur Gemeinde Karmei Tzur zu überfahren und sind in die Gemeinde eingedrungen“, erklärte das Militär mit Verweis auf eine jüdische Siedlung. Soldaten, die am Ort des Geschehens eingetroffen seien, hätten das Feuer auf die Eindringlinge eröffnet. Nach weiteren werde gesucht. Solche Siedlungen in dem Palästinenser-Gebiet werden von israelischen Streitkräften bewacht und sind international nicht anerkannt. Der Internationale Gerichtshof und die Vereinten Nationen stufen sie als völkerrechtswidrig ein. Die israelische Regierung, die so weit rechts steht wie keine vor ihr und der nationalistische und jüdisch-orthodoxe Parteien angehören, treibt den Siedlungsbau dennoch voran – auch mitten im Gaza-Krieg.

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Bei dem anderen Vorfall im Westjordanland habe ein Fahrzeug an einer Tankstelle Feuer gefangen und sei explodiert, teilte das Militär weiter mit. Die zum Ort des Geschehens geschickten Soldaten hätten „auf den Terroristen geschossen und ihn eliminiert, als er aus dem Fahrzeug gestiegen war und versucht hatte, sie anzugreifen“. Mit „eliminieren“ bezeichnet das israelische Militär die Tötung der betreffenden Personen. Es sei noch zu früh, um sagen zu können, ob zwischen den beiden Vorfällen ein Zusammenhang bestehe, fügte das Militär hinzu.

Palästinensische Medien berichteten indes von schweren Zusammenstößen zwischen israelischen Einsatzkräften und bewaffneten Palästinensern. Bei einer Razzia im Osten der Stadt Jenin, die als Hochburg militanter Palästinenser gilt, seien etliche Menschen festgenommen worden, meldete die palästinensische Nachrichtenagentur Wafa.

Der Agentur zufolge hinderten israelische Soldaten Mitarbeiter des palästinensischen Zivilschutzes daran, Wasser in eine Klinik zu bringen. Das Wasser wird demnach unter anderem für Dialysen benötigt. Das betroffene Krankenhaus teilte mit, dass zudem die Stromleitung zerstört worden sei, die die Klinik versorgt. Es mussten demnach mehrere Abteilungen zusammengelegt und der Gebrauch von Klimaanlagen eingestellt werden. Außerdem sei der Dienst für nierenkranke Patienten eingestellt worden. Sie werden demnach in medizinische Einrichtungen in Nablus gebracht, bis sich die Lage wieder verbessert.

Die Lage im Westjordanland hat sich seit Beginn des Gaza-Kriegs nach dem Hamas-Massaker am 7. Oktober 2023 deutlich verschärft. Seitdem wurden bei israelischen Militäreinsätzen, Konfrontationen oder eigenen Anschlägen nach Angaben des Gesundheitsministeriums im Westjordanland mehr als 640 Palästinenser getötet.

Im Gazastreifen sind nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde in den vergangenen zwei Tagen 89 Menschen bei israelischen Angriffen getötet worden. Damit sei die Zahl der getöteten Palästinenser in dem Küstenstreifen seit Beginn des Kriegs auf 40.691 gestiegen, meldete die Behörde in Gaza. Die Zahlen der Hamas-Behörde lassen sich gegenwärtig nicht unabhängig überprüfen.

Unterdessen wurden die Vorbereitungen für die Polio-Impfkampagne im Gazastreifen laut dem Gesundheitsministerium in Ramallah abgeschlossen. Bei einer Pressekonferenz in dem umkämpften Küstengebiet wurde den ersten Kindern bereits eine Impfung verabreicht. Die Weltgesundheitsorganisation sprach von einer Eröffnungszeremonie. Offiziell soll die Impfkampagne offiziellen Angaben zufolge am Sonntagmorgen beginnen. Auf Aufnahmen der Pressekonferenz im Gazastreifen, die die von der Hamas kontrollierte Gesundheitsbehörde gab, ist zu sehen, wie einige Kinder bereits eine erste Impfdosis bekommen.

Nachdem es kürzlich einen ersten Fall von Kinderlähmung im Gazastreifen gegeben hat, soll ein massenhafter Ausbruch der Krankheit verhindert werden. Helfer sollen in den kommenden Tagen Hunderttausende Kinder impfen. Dazu soll es zeitlich und örtlich begrenzte Kampfpausen geben.

Israels Armee meldete indes, ihre Einsätze im Zentrum und Süden des Gazastreifens fortgesetzt zu haben. In der Stadt Gaza hätten die Truppen mehrere „terroristische Zellen“ ausgeschaltet und „terroristische sowie militärische Strukturen“ zerstört, die eine Bedrohung für die Soldaten darstellten. Auch im Stadtteil Tal al-Sultan in Rafah sind sie nach Armee-Angaben gegen Terroristen vorgegangen. Sie fanden zudem eine große Menge an Waffen.

Die Hamas herrscht seit der Wahl 2006 im Gazastreifen, ist aber auch im Westjordanland aktiv. Seit 2006 gab es keine Wahlen mehr in den beiden Palästinenser-Gebieten. Die Qassam-Brigaden der Hamas und Kämpfer des verbündeten Islamischen Jihad hatten am 7. Oktober 2023 überraschend den Süden Israels überfallen. Nach israelischen Angaben töteten die Extremisten dabei 1.200 Menschen und verschleppten mehr als 250 Geiseln in den Gazastreifen. Bei den darauf folgenden israelischen Angriffen auf den Gazastreifen wurden nach Angaben der dortigen Gesundheitsbehörde bisher mehr als 40.600 Palästinenserinnen und Palästinenser getötet und fast 94.000 verletzt.

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