In Berlin und Frankfurt am Main sind für Mittwoch angekündigte pro-palästinensische Demonstrationen verboten worden. Es lägen Hinweise auf bevorstehende Straftaten vor, hieß es vom hessischen Innenministerium zur Begründung des Verbots in der deutschen Finanzmetropole. Bei den Veranstaltungen werde eine „erhebliche Gewaltbereitschaft“ vermittelt.
„Wir werden nicht zulassen, dass kaltblütige Morde an Juden auf öffentlichen Plätzen in Deutschland bejubelt werden“, erklärte der hessische Innenminister Peter Beuth (CDU). Sollte es dennoch zu antiisraelischen Kundgebungen kommen, werde die Polizei dagegen einschreiten. „Jegliche Verstöße und Gewaltaufrufe werden konsequent geahndet“, kündigte Beuth an. „Es wäre ein fatales Signal, wenn die angekündigten Demonstrationen stattfinden dürften“, erklärte der hessische Antisemitismusbeauftragte Uwe Becker (CDU).
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Antiisraelische Gruppen hätten eine Woche nach Beginn des Angriffs auf Israel demonstrieren wollen, teilte die Stadt Frankfurt mit. „Die Demonstrationen schüren den Konflikt“, erklärte Oberbürgermeister Mike Josef (SPD). Gewaltverherrlichungen dürfe es auf Frankfurts Straßen nicht geben.
Wegen des bereits am Dienstagabend verkündeten Demoverbots in Berlin warf die Initiative Palästina Kampagne der Polizei Rassismus vor und kündigte weitere Aktionen an. „Wir werden uns jedoch nicht zum Schweigen bringen lassen. Wir informieren über kommende Schritte, um Palästina in Berlin auf die Straße zu bringen“, schreibt die Organisation im Internet.
Die Initiative hatte seit Montag zu einer Demonstration mit 250 angemeldeten Teilnehmern aufgerufen. Die Polizei teilte am Dienstagabend mit, die „Demo in Solidarität mit Palästina“ sowie Ersatzveranstaltungen würden untersagt. Die Demonstrationen seien eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung. Dabei gehe es um die aktuelle Lage im Nahen Osten und Straftaten bei ähnlichen früheren Demonstrationen, etwa am Wochenende. Am Samstag hatte das pro-palästinensische Netzwerk Samidoun den Angriff auf Israel gefeiert, indem es Süßigkeiten auf der Sonnenallee in Berlin-Neukölln verteilte.
Auch eine Demonstration vor einer Schule in Berlin-Neukölln, an der es einen Vorfall im Zusammenhang mit dem Israel-Konflikt gab, ist verboten worden. Das teilte die Polizei am Mittwoch mit. Es bestehe die Gefahr, dass es bei der Versammlung zu volksverhetzenden, antisemitischen Ausrufen sowie zu Gewaltverherrlichungen oder Gewalttätigkeiten komme, begründete die Polizei ihre Entscheidung. Sie verwies auf Erfahrungen auch in den vergangenen Tagen. „Wir konnten im Vorfeld erwarten, dass es möglicherweise Hamas-Sympathisanten gibt, die diese Kundgebung ausnutzen werden für ihre Zwecke“, sagte ein Polizeisprecher vor Ort.
An dem Ernst-Abbe-Gymnasium in der Sonnenallee war am Montag ein Schüler mit einer Palästina-Fahne erschienen, woraufhin es eine gewaltsame Auseinandersetzung mit einem Lehrer gab. Die für Mittwochvormittag geplante Demonstration ging von den Eltern aus. Der Sender RBB schrieb, hinter dem Verbot stünden Sicherheitsbedenken der Polizei. Vor der Schule wurden Polizeiangaben auch israelfeindliche Flugblätter verteilt, in denen zu einem „Befreiungskampf“ aufgerufen wurde. Ungeachtet eines Demo-Verbots versammelten sich dort 30 bis 40 Menschen, überwiegend Schülerinnen und Schüler.
Die Berliner Polizeipräsidentin Barbara Slowik sprach am Mittwoch von einer herausfordernden Sicherheitslage in der deutschen Hauptstadt. „Es sind sicher die schwierigsten Zeiten bisher in meiner Amtszeit“, sagte Slowik am Mittwoch. Schon die Querdenker-Demonstrationen in der Corona-Pandemie seien für die Polizei sehr schwierig gewesen. „Aber jetzt geht es um die Verantwortung für die ganze Stadt und die jüdischen Mitbürger.“
Es gebe eine abstrakte, etwas erhöhte Gefährdungslage, so die Polizei. Schutzmaßnahmen für jüdische Einrichtungen seien erhöht worden. Alle Objekte sollen nicht nur von den üblichen Wachleuten des Objektschutzes der Polizei, sondern immer wieder auch von Streifenwagen und zivilen Kriminalpolizisten angefahren werden.
Für Freitag rief die Hamas Muslime in der ganzen Welt zu Aktionen und Unterstützung auf. Für Donnerstag und Samstag sind weitere Demonstrationen von Palästinenser-Organisationen angekündigt: einmal der Gemeinde der Palästinenser in Berlin mit 200 Teilnehmern und dem Titel „Solidarität mit der Zivilbevölkerung“ am Potsdamer Platz. Und am Samstag vom Zentralrat der Palästinenser in Deutschland am Brandenburger Tor und dem Motto „Frieden in Nahost“. Die Polizei prüfte noch, ob die Demonstrationen problematisch sein könnten mit Blick auf möglichen Antisemitismus oder Unterstützung von Gewalttaten.