Özdemir will Ministerpräsident Baden-Württembergs werden

Özdemir gilt als Wunschnachfolger Kretschmanns © APA/dpa/Marijan Murat

Der frühere deutsche Grünen-Chef Cem Özdemir will neuer Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg werden. „Ich mach’s“, teilte der 58-Jährige am Freitag über die Plattform X mit. „#2Ö26 will ich Ministerpräsident meiner wunderbaren Heimat werden.“ Amtsinhaber Winfried Kretschmann von den Grünen will bei der Landtagswahl im Frühjahr 2026 nach drei Amtszeiten als Regierungschef nicht mehr antreten.

Özdemir wandte sich auch in einem Brief an die Wählerinnen und Wähler. „Ich möchte Ihnen, liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, als Ministerpräsident von Baden-Württemberg dienen und alles für dieses Land geben“, versprach er. Die Grünen sind seit über einem Jahrzehnt führende politische Partei in Baden-Württemberg, was sie vor allem ihren populären Parteichef Kretschmann zu verdanken haben. Bei der Landtagswahl 2021 behaupteten die Grünen mit 32,6 Prozent der Stimmen den ersten Platz vor der CDU mit 24,1 Prozent. In Umfragen liegt der kleinere Koalitionspartner mittlerweile aber deutlich vor den Grünen.

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Kretschmann stellte sich umgehend hinter seinen Wunschnachfolger. „Cem Özdemir bringt alles mit, was Baden-Württemberg braucht“, teilte er nach der Verkündung von Özdemirs Spitzenkandidatur mit. Özdemir habe Regierungserfahrung und sei eine über Parteigrenzen hinweg geschätzte Persönlichkeit. Er habe bewiesen, dass er Rückgrat hat und auch vor schwierigen Herausforderungen nicht zurückschreckt. „Als gebürtiger Schwabe ist er tief mit unserem Land verwurzelt und kennt die Anliegen und Bedürfnisse der Menschen – sowohl auf dem Land als auch in den Städten.“ Kretschmann betonte, er sei überzeugt, dass Özdemir „mit seinem Weitblick und seiner Tatkraft ein sehr guter Ministerpräsident für unser Land sein kann“

Özdemirs Ankündigung wurde intern lange vorbereitet und abgestimmt. Zeitgleich mit seiner Bekanntmachung machten führende Grüne wie die scheidende Co-Parteichefin Ricarda Lang ihre Unterstützung öffentlich. „Yes, we Cem“, schrieb Lang via X. Außenministerin Annalena Baerbock und Vizekanzler Robert Habeck streuten ihm ebenfalls Rosen.

Özdemir muss vom Landesverband noch als Spitzenkandidat aufgestellt werden, was als Formalie gilt. Er werde sich voll und ganz Baden-Württemberg widmen, „all in für The Länd“, hieß es in Parteikreisen. Sein Ministeramt will er noch bis zum Ende der Ampel-Regierung ausüben. Bei der Bundestagswahl im kommenden Jahr werde er nicht erneut antreten, wie die Nachrichtenagentur Reuters aus Parteikreisen erfuhr.

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Vom Landes-Juniorpartner CDU kam umgehend scharfe Kritik an dem künftigen Spitzenkandidaten. „Nach der Berliner SPD-Ampelministerin Faeser in Hessen versucht die Berliner-Ampel jetzt ihre zweite Fachkraft in die Landespolitik weg zu versorgen“, erklärte Landesgeneralsekretärin Nina Warken nach der Verkündung der Spitzenkandidatur Özdemirs. „Das B in Baden-Württemberg steht aber definitiv nicht für Plan B. Unser Land ist zu schade als Alternative für die gescheiterten Außenminister-Karrieresehnsüchte des Herrn Özdemir.“ Die CDU-Generalsekretärin warf Özdemir zudem „Dauer-Moralisiererei“ und Verbotspolitik vor. CDU-Chef Manuel Hagel äußerte sich nicht öffentlich zu Özdemirs Kandidatur.

Kretschmann ist seit 2011 Regierungschef des wirtschaftsstarken Bundeslandes im Südwesten Deutschlands. Er ist erster und einziger Ministerpräsident der Grünen in Deutschland und führt eine Koalitionsregierung mit der CDU an. Özdemir galt schon seit langem als der Wunschspitzenkandidat der baden-württembergischen Grünen. Der 58-Jährige wurde als Kind türkischer Gastarbeiter in Baden-Württemberg geboren, bei der vergangenen Bundestagswahl gewann er in Stuttgart ein Direktmandat. Seit 1981 Mitglied der Grünen, war er von 2008 bis 2018 Parteichef der Öko-Partei. Im Jahr 1994 war er als erste türkischstämmige Person in den Deutschen Bundestag gewählt worden.