Spannungen Moskau-Berlin wegen Marinequartiers in Rostock

Proteste gegen Marinestützpunkt in ostedeutscher Stadt Rostock © APA/dpa/Bernd Wüstneck

Die Einweihung eines Marinequartiers in Rostock (ostdeutsches Bundesland Mecklenburg-Vorpommern) sorgt in Russland für Empörung. Das Moskauer Außenministerium bestellte den deutschen Botschafter Alexander Graf Lambsdorff ein, um gegen die Eröffnung des Stützpunkts zur Stärkung der Ostflanke der NATO zu protestieren. Es handle sich um einen Verstoß gegen den 1990 im Zuge der deutschen Einheit geschlossenen „Zwei-plus-Vier-Vertrag“, hieß es am Dienstag in einer Erklärung.

Mit dem Vertrag, der die deutsche Vereinigung international besiegelte, wurde die Stationierung von „Streitkräften anderer Staaten“ auf dem Gebiet der ehemaligen DDR ausgeschlossen. „Wir haben von Berlin sofortige und umfassende Erklärungen verlangt“, teilte das Ministerium mit. Der Vertrag untersage eine Stationierung von NATO-Truppen in Ostdeutschland, wurde seitens des russischen Außenamts kritisiert.

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Die Eröffnung eines „NATO-Stützpunktes auf dem Gebiet der ehemaligen DDR“ sei ein weiterer Schritt bei der „schleichenden Revision der Ergebnisse des Zweiten Weltkriegs und der Militarisierung des Landes.“ Deutschlands Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hatte dagegen am Montag bei der Eröffnung betont, dass keine geltenden Verträge verletzt würden. Pistorius betonte, dass es sich beim CTF Baltic nicht um ein neues NATO-Hauptquartier handle. Es sei ein nationales Hauptquartier, in dem keine Truppen der nordatlantischen Verteidigungsallianz stationiert seien. Es sei damit kein Verstoß gegen den Zwei-plus-Vier-Vertrag.

Ein Sprecher des deutschen Verteidigungsministeriums unterstrich am Dienstag, diee Umwandlung des deutschen maritimen Führungsstabs in Rostock in das neue NATO-Ostseekommando „Commander Task Force Baltic“ stehe „im Einklang mit dem Zwei-plus-vier-Vertrag“. „Der Führungsstab in Rostock wird, wie auch in der Vergangenheit, sowohl aus deutschen Soldatinnen und Soldaten als auch aus ausländischen Austausch- und Verbindungsoffizieren bestehen.“

„Der Botschafter wurde darauf hingewiesen, dass dieser Schritt der regierenden Kreise in Deutschland die schleichende Revision der Ergebnisse des Zweiten Weltkriegs und die Militarisierung des Landes fortsetzt“, teilte das russische Ministerium weiter mit. Die deutsche Bundesregierung sei zur sofortigen Erklärung des Schritts aufgefordert worden. Lambsdorff bestätigte der Nachrichtenagentur dpa, dass er vorgeladen worden sei. Er kündigte eine Mitteilung an. „Washington, Brüssel und Berlin müssen sich darüber im Klaren sein, dass die Ausweitung der militärischen Infrastruktur der NATO auf das Gebiet der ehemaligen DDR äußerst negative Folgen haben und nicht ohne eine entsprechende Antwort von russischer Seite auskommen wird.“

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Unter dem Eindruck des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine und den daraus resultierenden Spannungen im baltischen Raum stärkt die NATO ihre Verteidigungsfähigkeit in der Ostsee. An dem neuen Hauptquartier der Deutschen Marine (CTF Baltic) sind zahlreiche Ostseeanrainer und NATO-Partnerländer beteiligt.

Vom den am Dienstag eingeweihten neuen NATO-Hauptquartier in Rostock aus sollen laut Pistorius die Lage im Ostseeraum überwacht und die Marineaktivitäten der Verbündeten organisiert werden. Das westliche Verteidigungsbündnis will sich damit laut eigenen Angaben gegen „aggressive russische Aktionen“ insbesondere in den nahe zu Russland gelegenen Gebieten wappnen. Vor der Kaserne hatten sich am Montag während der Eröffnung schätzungsweise 100 Demonstranten versammelt, die lautstark gegen die neue Kommandostelle protestierten.

Nach dem zweiten Weltkrieg war Deutschland ab 1949 in zwei Staaten geteilt gewesen, in die zum „Westen“ zählende Bundesrepublik Deutschland (BRD) und die dem „Ostblock“ zugeordnete Deutsche Demokratische Republik (DDR). Mit dem Fall der Berliner Mauer im November 1989 brach das kommunistische System der DDR zusammen. Zum 3. Oktober 1990 traten die ostdeutschen Bundesländer der Bundesrepublik bei.