Türkischer Import-Wahlk(r)ampf

Rufe nach Verzicht auf Austragung innertürkischer Konflikte in Österreich ignoriert

Unerwünschter Wahlkampf: Eine AKP-Aktivistin steckt in Salzburg Erdogan-Werbung in die Postkästen.
Unerwünschter Wahlkampf: Eine AKP-Aktivistin steckt in Salzburg Erdogan-Werbung in die Postkästen. © AK Parti

Es war eine klare Ansage der Politik: „Wir akzeptieren keinen Import innertürkischer Auseinandersetzungen und Konflikte nach Österreich“, hatte Außenminister Alexander Schallenberg Mitte April seinem türkischen Amtskollegen Mevlüt Cavusoglu ausgerichtet.

Schon im Februar hatte OÖVP-Landesgeschäftsführer Florian Hiegelsberger nach dem Auftritt eines türkischen Abgeordneten in Sattledt klargestellt: „Wir wollen keine ausländischen Rivalitäten und Konflikte nach Österreich getragen sehen.“

Das Problem: Die türkischen Parteien pfeifen auf den — von manchen Austro-Türken geteilten — Wunsch der Österreicher. Obwohl hierzulande gar keine Wahl ansteht, tobt ein heißer Wahlkampf. Zehn Tage vor der Parlaments- und Präsidentschaftswahl in der Türkei könnte man in manchen Gegenden meinen, in der Türkei zu sein.

Möglich ist das, weil die türkische Parteienlandschaft nach Österreich exportiert wurde. Fast alle Parteien unterhalten hierzulande Filialen. Diese sind offiziell als Vereine registriert, aber an ihrem öffentlichen Auftritt zweifelsfrei als Ableger türkischer Parteien erkennbar.

Die AK-Partei des von Abwahl bedrohten Präsidenten Recep Tayyip Erdogan ist neben Wien auch in Linz und Salzburg vertreten. AKP-Aktivisten verteilen Erdogan-Werbung auf den Straßen, besuchen türkische Geschäftsleute und gehen auch in Wohnhäuser, um Postkästen türkischer Bewohner mit Propagandamaterial zu befüllen.

Wahlzentrale bei SPÖ

Wie die AKP hat auch die oppositionelle CHP in Wien eine Wahlkampfzentrale eingerichtet — im dritten Bezirk im Haus der dortigen SPÖ-Sektion. Die islamistische Saadet-Partei und die mit der AKP regierende rechtsextreme MHP sind ebenfalls mit ihren jeweiligen „Vereinen“ in Österreich aktiv.

Auch türkische Politiker touren durch die austrotürkische Community. Am vergangenen Wochenende etwa warb der AKP-Abgeordnete Zafer Sirakaya in Wien und Bregenz um Stimmen. Vor zwei Wochen hatte Außenminister Cavosoglu bei einer Veranstaltung mit 1000 Türken in Wien Präsident Erdogan per Handy zugeschaltet. Das war nicht nur ein — vom Amtskollegen Schallenberg diplomatisch übergangener — Affront, sondern möglicherweise sogar ein Verstoß gegen türkische Gesetze.

Austro-türkischer Protest

Darauf verweist der Obmann der Türkischen Kulturgemeinde (TKG), Birol Kilic. Das Gesetz Nr. 298 aus dem Jahr 2008 verbiete nämlich „jede Art von Propaganda im Ausland, an Auslandsvertretungen und Zollposten“. Kilic kritisiert insbesondere den türkischen Botschafter Ozan Ceyhun, der mehrfach für die AKP geworben habe, lehnt den türkischen Wahlkampf-Export aber insgesamt ab. Seine Begründung: „Innerer Frieden und Zusammenleben in Österreich werden gestört und zerstört!

Erdogan hat andere Sorgen. Er fürchtet um seine Wiederwahl und weiß um seine treuen Fans in „Avusturya“. 2018 kam die AKP in Österreich bei der Parlamentswahl auf 62,5 Prozent, 20 Punkte mehr als in der Türkei. Hierzulande spürt man schlielich nicht die Folgen der Erdogan’schen Politik und Misswirtschaft.

Von Manfred Maurer

Das könnte Sie auch interessieren