Turbulente Landtagswahlkämpfe in Deutschland

Demonstrationen,Plakatbeschädigungen und körperliche Gewalt

Sitzblockaden und Sprechchöre, später ein Polizeieinsatz mit Schlagstöcken und Pfefferspray: Im ostdeutschen Jena haben Demonstranten am Dienstag einen Wahlkampf-Auftritt von AfD-Rechtsaußen Björn Höcke verhindert.

Im Netz feiern AfD-Gegner die Blockaden als Erfolg, die AfD hingegen sieht sich als Opfer. In den ostdeutschen Bundesländern Thüringen und Sachsen wird in eineinhalb Wochen ein neuer Landtag gewählt und die Stimmung im Wahlkampf gilt als aufgeheizt.

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Die Polarisierung wird in diesem Wahlkampf an fast jeder Häuserecke sichtbar. In Jena kulminierte sie in der Demonstration, an der nach Polizeiangaben rund 2.000 Menschen teilnahmen. Einige Demonstranten hielten Pappschilder hoch mit Sprüchen wie „Vielfalt statt Einfalt“ oder „Keine Macht den Faschisten“.

Augenzeugen zufolge habe sich ein Auto aus Höckes Tross in Richtung der Demonstrierenden bewegt. Die Polizei habe Schlagstöcke gezogen und Demonstrierende weggeschoben, monierte etwa die Linke-Landtagsabgeordnete Katharina König-Preuss. Die Polizei prüft derzeit, ob es ein Fehlverhalten gegeben hat.

Die Situation in Jena ist kein Einzelfall. Seit Wochen tingeln Landespolitiker durch das Land – und treffen auf Demonstranten, Gegendemonstranten oder teils wütende Bürger. In Sachsen wird der Wahlkampf von zahlreichen Straftaten überschattet, die sich teils bereits in der aufgeheizten Stimmung vor der Europawahl Anfang Juni ereigneten.

Nach Angaben des sächsischen Innenministeriums kam es in diesem Jahr bereits zu knapp 900 politisch motivierten Straftaten im Zusammenhang mit den Kommunal-, Europa- und Landtagswahlen. Meistens seien es beschädigte Wahlplakate, hieß es. Dabei waren vor allem die SPD und die AfD betroffen. Trauriger Höhepunkt war ein brutaler Überfall auf den SPD-Politiker Matthias Ecke Anfang Mai, der danach operiert werden musste.

In beiden Bundesländern sagen Umfragen Erfolge für die AfD voraus, die in Thüringen und Sachsen vom Landesverfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch eingestuft ist. Es will zwar keine andere Partei mit ihr koalieren, doch beispielsweise im neuen thüringischen Parlament könnte sie ein Drittel der Sitze erhalten und damit deutlich an Einfluss gewinnen.

Thüringens AfD-Co-Chef Stefan Möller sagt, von Links gehe Gewalt aus „und in Mitleidenschaft gezogen werden Veranstaltungen der AfD“. Er monierte, es würden „gezielt“ Demonstrationen von Vertretern der Regierungsparteien angemeldet, „die dazu führen, dass eine Wahlkampfveranstaltung der Opposition nicht stattfinden kann“.

Doch auch in die andere Richtung schlägt das Pendel aus. Die Linke etwa beklagt immer wieder Schäden an ihren Wahlkreisbüros. Nach einer AfD-Wahlkampfveranstaltung vergangenes Wochenende in Gera ermittelt die Polizei wegen einer Nötigung und versuchten Körperverletzung, die sich gegen einen freien Journalisten gerichtet haben sollen. Außerdem soll der Hitlergruß gezeigt worden sein.

Dementsprechend rau ist der Ton nicht nur auf der Straße, sondern auch unter den Politikern. CDU-Spitzenkandidat Mario Voigt nennt Höcke einen „Chancentod“ für Thüringen. AfD-Politiker Björn Höcke wiederum sprach bei einer Wahlkampfveranstaltung davon, noch „auf die CDU rumprügeln“ zu wollen, nannte sie „eine transatlantische Vasallenpartei“ und sprach von einer „abgehalfterten Union“.