Unbekannte haben nach Angaben der Vereinten Nationen auf Blauhelmsoldaten im Libanon geschossen. Der Angriff ereignete sich, nachdem Soldaten der UNO-Friedensmission UNIFIL bei einer Patrouille in der Nähe des südlibanesischen Ortes Kalauija ein verstecktes Munitionslager entdeckt hatten, wie die Beobachter mitteilten. Für die Weiterfahrt hätten sie ihr Fahrzeug kurzzeitig verlassen, um Trümmerteile von der Straße zu räumen. Es habe keine Verletzten oder Schäden gegeben.
Zwei oder drei Unbekannte hätten daraufhin etwa 30 Schüsse auf die Blauhelmsoldaten abgegeben, als sie wieder einsteigen wollten. Die Soldaten erwiderten den Beschuss aus ihrem Fahrzeug heraus. Es sei unklar, ob der Beschuss im Zusammenhang mit dem Munitionslager stand, so UNIFIL.
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Die UNO-Beobachter erinnerten daran, dass Angriffe gegen die Friedenstruppen einen Verstoß gegen das Völkerrecht und gegen die Resolution 1701 darstellen. Die libanesischen Behörden seien aufgefordert worden, den Vorfall umfassend zu untersuchen.
UNIFIL-Soldaten sind im Südlibanon stationiert, um die Demarkationslinie zu Israel zu überwachen, ein Gebiet, in dem es seit mehr als einem Jahr zu Feindseligkeiten zwischen israelischen Truppen und vom Iran unterstützten Hisbollah-Kämpfern gekommen ist. Österreich beteiligt sich seit 2011 mit einem Logistikkontingent an den Blauhelmen im Libanon und ist mit 160 bis 170 Bundesheerangehörigen vor Ort.
Wie die Vereinten Nationen weiters mitteilten, wollen sie nach einem Waffenstillstand ihren friedensbewahrenden Einsatz im Libanon verstärken, um die libanesische Armee besser unterstützen zu können. „Die UNIFIL hat eine unterstützende Rolle, und diese unterstützende Rolle hat viel Substanz“, sagte der Chef der UNO-Friedenstruppe, Jean-Pierre Lacroix, während eines dreitägigen Besuchs im Libanon zu Reportern. UNIFIL werde aber nicht direkt einen Waffenstillstand durchsetzen, ergänzte Lacroix.
Beim Einschlag einer Hisbollah-Drohne in der Nähe der Stadt Eljakim südlich von Haifa wurden Donnerstagabend zwei israelische Soldaten verletzt. Sie seien mit Splitterverletzungen in ein Krankenhaus gebracht worden, berichtete die Zeitung „Times of Israel“ unter Berufung auf die Armee. Die vom Iran unterstützte Hisbollah bestätigte, dass sie mehrere Orte im Norden Israels unter Beschuss genommen habe, darunter ein Ausbildungslager der israelischen Armee bei Eljakim.
Seit Beginn der Gefechte zwischen der Hisbollah und dem israelischen Militär vor über einem Jahr wurden im Libanon nach Behördenangaben 220 Minderjährige getötet. Außerdem seien knapp 1.300 Kinder und Jugendliche verletzt worden. Insgesamt wurden bisher 3.386 Menschen durch israelische Attacken getötet und 14.417 verletzt. Unter den Todesopfern waren demnach auch 658 Frauen. Das Gesundheitsministerium unterscheidet in seiner Aufzählung nicht zwischen Hisbollah-Kämpfern und Zivilisten. Wegen des Beschusses der Hisbollah haben Zehntausende Menschen im Norden Israels ihre Wohnorte verlassen. Seit Kriegsbeginn kamen dort 74 Menschen ums Leben, davon 43 Zivilisten und 31 Soldaten. Mehr als 640 Menschen wurden demnach verletzt.
Unterdessen zeigte sich das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (UNICEF) entsetzt über das Ausmaß israelischer Angriffe im Libanon und deren Auswirkungen auf die Jüngsten im Land. Die Szenen, die er im Libanon sehe, habe es zuvor nur in Gaza gegeben, sagte UNICEF-Sprecher James Elder in einem auf der Plattform X geposteten Video. Wer Einfluss habe, dürfe bei diesen Schrecken nicht stillschweigend zuschauen, mahnte er.
Der UNICEF-Sprecher besuchte im Libanon den zweijährigen Ali, der nach einem israelischen Angriff in seinem Heimatort Sarafand, südlich der Küstenstadt Sidon, Ende Oktober 14 Stunden unter Trümmern lag. Er habe seitdem wegen des Traumas kaum gesprochen. Seine ganze Familie wurde bei dem Angriff getötet.
Das Schicksal des Zweijährigen hatte im Libanon für viel Aufsehen gesorgt. „Wir alle dachten, dass es bei dem Angriff keine Überlebenden gab“, sagte Hussein Khalifa, ein Onkel des Kindes. Als ein Bulldozer ein Sofa entfernte, habe man den Körper des Buben entdeckt. Er sei wohl durch das Sofa vor den herabfallenden Trümmern geschützt worden und habe dort 14 Stunden lang auf ein Wunder gewartet, sagte Khalifa. Ali habe starke Wunden am Kopf erlitten, befände sich aber nicht mehr in Lebensgefahr, sagte sein Onkel. Eine Hand musste amputiert werden.
X-Post der UNICEF: ➡️ Weitere Informationen