Die Weichen in Richtung der ersten Dreier-Koalition im Bund sind gestellt. Nach ihrer vierten gemeinsamen Sondierungsrunde luden VP-Obmann Karl Nehammer und SP-Chef Andreas Babler am Dienstag die NEOS ein, schon ab Mittwoch als dritter Partner am Gesprächstisch Platz zu nehmen. Erzielt man entsprechende Fortschritte, sollen bereits kommende Woche formelle Regierungsverhandlungen beginnen, teilt der Bundeskanzler mit.
Wieder rund fünf Stunden waren ÖVP und SPÖ zusammengesessen, ehe ihre Chefs erstmals gemeinsam vor die Presse traten. Nehammer betonte dabei, „ein möglichst breites Bündnis der politischen Mitte“ zimmern zu wollen. Für Babler ist das Ziel der Gespräche eine „Regierung der konstruktiven Kräfte“.
Lesen Sie auch
Dass man mit den NEOS einen dritten Partner zuzieht, begründeten die beiden mit der hauchdünnen Mehrheit von nur einem Mandat Überhang, über die Volkspartei und Sozialdemokraten verfügen. Die Einbeziehung eines dritten Partners muss aus Sicht der Parteichefs kein Schaden sein. Viele unterschiedliche Perspektiven ermöglichten es, die besten Lösungen für alle zu finden, meinte Babler.
Die anstehenden Herausforderungen sollten von einem Bündnis bewältigt werden, das die Mehrheit der Menschen repräsentiere, betonte Nehammer: „Es soll ein Bündnis der Vernunft, ein Bündnis der politischen Mitte, ein Bündnis nahe an den Menschen und gegen Radikalität und Spaltung der Menschen sein.“ Mit der Dreier-Variante wolle er Neues im Sinne der Menschen wagen.
Dass es schon zwischen SPÖ und ÖVP nicht leicht wird, ist allen Beteiligten bewusst: „Ich habe immer betont, dass es kein leichter sondern ein längerer und steiniger Weg für uns beide wird“, unterstrich der VP-Chef. Babler sagte, es sei kein Geheimnis, dass es große Unterschiede zwischen den Parteien gebe. Gemeinsam sei aber das Ziel, ein positives Bild der Republik zu schaffen.
Beide Verhandlungspartner nannten auch noch einmal jene Themen, die für sie im Zentrum stehen, Babler etwa den Kampf gegen die Teuerung, Nehammer eine „rigide“ Migrationspolitik. Jeweils in den Vordergrund gestellt wurde die Standortpolitik aber auch die Absicherung bzw. Verbesserung des Gesundheitssystems.
Ob man sich letztlich einigen wird können, ließ Nehammer offen. Er will jedenfalls auf ein „hohes Tempo“, aber auch auf „Ernsthaftigkeit“ schauen.
Seitens der NEOS erklärte Parteiobfrau Beate Meinl-Reisinger im Kurznachrichtendienst X: „Wir sind bereit. Jetzt gemeinsam Österreich erneuern! Gemma’s an!“
Mit der Erweiterung der Sondierungen werden auch neue Köpfe zu sehen sein, nämlich jene des NEOS-Teams. Neben Meinl-Reisinger vertreten sind ihre Stellvertreter Claudia Gamon und Christoph Wiederkehr, Generalsekretär Douglas Hoyos, Klubvize Nikolaus Scherak und Klubdirektor Armin Hübner.
Endgültig aus dem Rennen scheinen die Grünen. Nehammer betonte nämlich: „Die Grünen sind keine Option mehr für die Bildung einer neuen Regierung.“ Der frühere Koalitionspartner reagierte betont konstruktiv. „Im Interesse der Republik und ihrer Menschen mögen die Verhandlungen in diesen unsicheren Wendezeiten konstruktiv und zügig verlaufen. Ich hoffe aufrichtig, dass das Karl Nehammer, Andi Babler und Beate Meinl-Reisinger gelingt“, schrieb Grünen-Chef Werner Kogler auf X. Die Grünen würden „die Rolle der konstruktiven Opposition mit Verantwortungsbewusstsein annehmen“, versprach er.